Das Essen von Oman Air ist fast so gut wie das von Turkish Airlines. Dennoch
kann keine in Alu-Behälter verpackte und lauwarm servierte Speise über die 8.967
Kilometer hinwegtäuschen, die zwischen Frankfurt und Bangkok liegen. Vor allem
dann nicht, wenn man zuerst in Mailand zwischenlandet und erneut in Muscat. Als
wir im Oman das Flugzeug verlassen, kommen mir die zwanzig Grad schon recht
warm vor, zumindest für einen Tag im Februar. Man könnte es also als
Temperaturschock bezeichnen, was den/die kältegezeichnete/-n Mitteleuropäer/-in
in Thailands Hauptstadt heimsucht: Nächtliche 30°C und eine tropische
Luftfeuchtigkeit, dass einem der Atem stockt. Hinzu kommen die Abgase einer
Millionenstadt, denn Bangkok ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt Südostasiens
und beherbergt über acht Millionen Einwohner sowie mehr als 400 Tempelanlagen (Wat). Der Verkehr ist heftig, doch
anderswo auf der Welt (insbesondere in Kairo) ist er noch schlimmer. Gefährlich
sind lediglich die kleinen Motorradrikschas, die in Thailand, Laos und
Kambodscha lautmalerisch Tuk Tuk heißen.
Sie bilden eine Gefahr für den Geldbeutel, wenn man nicht ordentlich handelt,
und eine für das eigene Leben, wenn man sich nicht festhält. Ihre Fahrer passen
jeden westlich aussehenden Menschen schon vor dem Hotel-Eingang ab und fragen „Sir, you want Tuk Tuk?“ – Oft kommen sie
schon von weitem auf einen zu, wild gestikulierend und als würden sie keinem
Touristen auch nur einen selbstständigen Schritt auf den von losen Gullideckeln
durchlöcherten Trottoirs der Stadt zutrauen. Man lehnt meist dankend, nach
einigen Wochen auch ein wenig genervt ab. Doch wenn man Bangkok erkunden will,
dann ist ein (der/die/das?) Tuk Tuk tatsächlich die schnellste Lösung, um von A
nach B zu kommen.
Bangkok bietet alles, was das Herz begehrt – zumindest für die ersten
drei Tage, bevor man das dringende Gefühl verspürt, weiterziehen zu müssen.
Doch bis es soweit ist laden die zahlreichen Märkte, die goldenen Wats und die
Straßen mit ihren endlosen Möglichkeiten, einen Snack zu sich zu nehmen, zum
Verweilen ein.
Wir haben uns natürlich auch den Königspalast angeschaut. Er kostet ganze
500 Baht (ca. 15 Euro) Eintritt und ist überlaufen von Touristen, doch er
bietet eine Fülle von Fotomotiven, die ich nun mit zehntausenden von Chinesen,
Europäern und Amerikanern teile.
Das Areal wurde Ende des 18. Jahrhunderts angelegt, nachdem die Burmesen
die bisherige Hauptstadt Ayutthaya zerstört hatten. Die neue Hauptstadt des
Reiches wurde Bangkok, das auf Thai seither eigentlich verkürzt Krung Thep (meist übersetzt mit „Stadt
der Engel“) heißt. Der richtige Name ist um einiges länger. Der Palast ist sehr
eindrucksvoll, er muss es auch sein. König Bhumibol Adulyadej (oder Rama IX.) ist
das derzeit am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt und im Alltag
überall präsent. Der König verkörpert die Identität der Thais und ist bei der
Bevölkerung äußerst beliebt, weshalb ihm 1987 per Volksabstimmung der Titel „der
Große“ verliehen wurde. Überall in Thailand finden sich seine Porträts, mal mit
Ehefrau, mal mit Fotokamera, mal in Denkerpose oder im Sportdress. Das Land
erhebt sich täglich zweimal zur Hymne und neben der Flagge des Landes weht auch
immer die gelbe Flagge des Monarchen.
Im Grunde ist jeder Tempel in Bangkok ähnlich beeindruckend wie der
Königspalast. Für das ungeübte Auge unterscheiden sich die verschiedenen
prunkvollen Bauwerke nur in der Größe. Überzogen von Gold und ausgezeichnet durch
riesige Buddhas porträtieren die Wats den Glanz des Buddhismus. Religion prägt
hier den Alltag: Fast jedes Haus hat ein „Geisterhäuschen“, in dem die
Hausgeister wohnen und den Haushalt beschützen. Sogar die großen Hotels scheuen
weder Geld noch Mühe, um besonders große dieser Häuschen vor ihrem Eingang
aufzustellen. Geopfert wird regelmäßig Klebereis und Coca Cola.
An den Türen von vielen Geschäften hängen Räucherstäbchen, jeder Laden hat
einen kleinen Hausaltar. Die religiöse Facette macht die ohnehin schon bunten
Märkte noch bunter. In touristisch geprägten Gebieten Bangkoks wie etwa der Khaosan Road oder dem Kleidermarkt in
Silom weicht diese Harmonie den Bedürfnissen der Touristen. Hier sind die
Händler unfreundlicher und die Preise höher, die Prostituierten zahlreicher und
Thailand weniger thailändisch. Wer Bangkok abseits der Touri-Route erleben will,
sollte einen Abstecher in die Seitengassen wagen oder in den äußeren Bezirken in
einer der zahlreichen Suppen- oder Bratküchen zu Mittag essen. Hier gibt es
das, was man bei keinem Asia-Wok in Deutschland findet, weil die wenigsten
Deutschen vier oder fünf Euro für eine Suppe zahlen würden. Eine gute
Nudelsuppe zum Frühstück gibt es in Bangkok und überall sonst an jeder Ecke,
mit Rind oder Hühnchen, Koriander, Soja-Sprossen und einem Schuss Fischsauce. Sie
kostet hier gerade mal einen Euro und schmeckt hervorragend. Gegessen wird mit
Löffel und Stäbchen.
Die Thai-Küche ist sehr scharf, wenn man es darauf anlegt. Man kann zwar überall
Reis mit Gemüse bekommen oder Padthai,
gebratene Nudeln. Doch bestimmte Spezialitäten wie z.B. Tom Yam, eine sauer-scharfe Suppe mit Garnelen oder Fleisch, können
die Geschmacksnerven zeitweise betäuben und bisweilen auch verdauungstechnische
Malheurs hervorrufen.
Die thailändische Cuisine unterliegt natürlich den unterschiedlichsten
Einflüssen. Chinesische und indische Nuancen bereichern die kulinarische
Vielfalt des Landes. Doch auch in Bangkok selbst stolpert man unversehens über
Chinatown, ein Viertel mit endlos langen Marktstraßen und chinesischen
Reklametafeln. Bis zu fünfzehn Prozent der Bevölkerung Thailands soll
chinesischer Abstammung sein. Die Yaowarat
Road bildet den Mittelpunkt des chinesischen Bangkok, mit ihren
Seafood-Restaurants und Geschäften für Gold und Schmuck aller Art.
Gleich daneben schließt das Marktviertel Phahurat an, wo sich vor allem Textilhändler angesiedelt haben.
Viele von ihnen sind indischer Abstammung und es gibt eine große Gruppe von
Sikhs, die sich vor etwa hundert Jahren hier sesshaft gemacht haben.
Man kann sich in den verschiedenen Vierteln, auf den Märkten und auch in
den touristisch geprägten Teilen Bangkoks die Füße wund laufen. Es geht immer
weiter. Und wenn die Beine schwach werden, fährt auf wundersame Weise immer
irgendein Bus in die richtige Richtung. Eine auf etwas andere Weise Erholung
spendende Institution ist der Seven Eleven: Die japanische Supermarktkette ist
in Thailand überall. Allein in Bangkok gibt es 3.177 Filialen, quasi an jeder
Straßenecke eine. Klimatisiert und erfrischend bietet dieser Ort alles, was das
Herz begehrt in dieser tropischen Schwüle, von der Cola bis hin zu erstaunlich
fluffigem Royal Bread, das in ganz
Thailand außer uns wahrscheinlich niemand wirklich gegessen hat.
Bangkok bietet Neues und Sehenswürdigkeiten für einige Tage, doch dann
ist die Luft raus beziehungsweise der Smog, die Abgase und die Großstadtluft zu
dick. Auch für uns wurde es nach wenigen Tagen Zeit weiterzuziehen. Unsere
nächsten Ziele lagen nördlich von Bangkok: Ayutthaya und Sukhothai, zwei
ehemalige Hauptstädte des siamesischen Königreichs.
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