Pünktlich
zum Jahrestag der berüchtigten Hogesa-Demonstration („Hooligans gegen Salafisten“)
vom Oktober 2014 haben sich auch heute wieder rechte Hooligans in Köln
versammelt. Die Polizei war dieses Jahr mit 3.500 Einsatzkräften zugegen und
somit bestens vorbereitet. Auch logistisch war der Große Demo-Sonntag eine
Meisterleistung: Hogesa war auf den Barmer Platz hinter dem Bahnhof
Köln-Messe/Deutz verbannt worden, eingekesselt und im Blick der Beamten,
während die größte der insgesamt sieben Gegenveranstaltungen auf der anderen
Seite stattfand, vor dem Bahnhof, auf dem Otto-Platz. Beide Lager waren
getrennt durch Bahnhofsgleise, Eisenbahnbrücken und eine doppelte Reihe
Polizei. Auf dem Bahnhof selbst wurden die S-Bahnen phasenweise so postiert,
dass möglichst wenig Sichtkontakt bestand.
Während auf
der Bühne des Aktionsbündnisses Birlikte („Zusammenstehen“) noch der
Soundcheck durchgeführt wurde und sich der Otto-Platz mit den ersten hundert
Menschen füllte, tröpfelten die Rechten nur sehr zäh auf dem ihnen zugeteilten
Gelände ein. Um kurz nach elf wurden dort ganze elf Hooligans gezählt. Doch
auch die schmaler Gebauten des neuerdings salonfähigen braunen Establishments
waren angereist und suchten nach dem passenden Übergang auf ihre Seite: „Malte,
ich glaube wir müssen da unten durch“ – unter dem Bahnhof traf ich zum ersten
Mal auf eine Gruppe von Nazi-Hipstern, von denen nur Malte das hellbraune Haar
brav gescheitelt hatte und ebenso ratlos wie seine Kameraden nach dem Weg
suchte. Größere Gruppen von Rechten wurden von der Polizei begleitet und an
grölenden Antifas vorbeigeleitet.
Direkt
aufeinander trafen Rechte und Gegendemonstranten nur am Bahnhof. Die Antifa
blockierte kurze Zeit den Zugang zu einem Gleis und verursachte damit die erste
aus einer Serie von Verspätungen dieses Sonntags. Unterdessen wurden anreisende
Dortmunder, Paderborner und Düsseldorfer Nazis mit Sprechchören oder (vonseiten
einiger Passanten) mit spontanen Stinkefingern begrüßt. Am Himmel zog der der Polizeihelikopter
eine Endlosschleife und beobachtete aufmerksam das Geschehen.
Auch dieses
Jahr befürchtete man umfangreiche Ausschreitungen und Gewaltausbrüche. Die
Versammlung rechter Hooligans war letztes Jahr gegen Ende ziemlich ausgeartet
und besonders ein Bild mit Randalierern, die ein Polizeiauto umstürzen, ging
durch die Presse. Die Erwartungen der Medien waren also auch heute sehr hoch –
zumindest konnte dieser Anschein durchaus entstehen: Der Focus betitelte seinen
Live-Ticker schon am Morgen mit der Frage „Köln in Aufruhr: Knallt es heute bei
der Hogesa-Demo?“ und lieferte ein paar Stunden später die Bestätigung: „Hogesa:
5 Verletzte in Köln – Es droht zu knallen“. Und tatsächlich kam es zu
Auseinandersetzungen zwischen linken Antifa-Aktivisten und der Polizei, die
auch ihren Wasserwerfer zum Einsatz brachte, und aus den Reihen der Rechtsextremen
wurden die Polizisten stellenweise mit Böllern beworfen. In den ersten Zeitungsberichten
(und natürlich auch im Focus-Newsticker) war deshalb von „linken und rechten
Demonstranten“ zu lesen, die von der Polizei getrennt und separat zur Abreise
begleitet werden mussten. Das alles kann aber nicht über die Tatsache
hinwegtäuschen, dass hier nicht nur rechte und linke Krawallmacher aufeinandertrafen:
Vielmehr standen sich auf der einen Seite eine eher mickrige Gruppe von knapp
1.000 Mann (und Frau) von Hogesa – denen zu Beginn sogar noch zehn (nüchterne
und nicht vorbestrafte) Ordner fehlten – und auf der anderen Seite über 10.000 Gegendemonstranten
aus allen politischen Lagern und aus einer Vielzahl von Initiativen gegenüber. Auf
dem Otto-Platz waren alle Altersklassen vertreten, „Köln stellt sich quer“ war wieder einmal das
Motto. Die Antifa und ihre Blockadeaktionen waren gewissermaßen lediglich das Sahnehäubchen
auf der Torte.
Die für den
Abend angemeldete Kögida-Demonstration wurde abgesagt, die einheimischen rechten
Abendspaziergänger schlossen sich stattdessen den Hooligans an. Die von einigen
Zeitungen prophezeite (und fast schon herbeigesehnte) Katastrophe blieb aber aus.
Eine Stadt hat gezeigt, dass sie keinen Bock auf Nazis hat. Nicht mehr und
nicht weniger.