Freitag, 20. März 2015

Luang Prabang (Teil 4)

Die Fahrt mit dem Schiff von Thailand nach Laos hätte drei Tage gedauert. Diese Zeit hatten wir nicht, deswegen entschieden wir uns ganz unspektakulär für das Flugzeug. Ein Viertel unserer Gruppe spaltete sich in Chiang Mai ab und zog in Richtung Süden, sodass wir nur noch zu dritt waren, als wir den Flughafen aus- und bei Lao Airlines eincheckten. Eine solide Propellermaschine brachte uns von Chiang Mai nach Luang Prabang.


Dort fallen ziemlich schnell die Unterschiede zu Thailand auf: Es scheint weniger Menschen zu geben, auch weniger Garküchen unter freiem Himmel, und alles in allem macht Laos einen ärmeren Eindruck als sein westlicher Nachbar. Die Beamten an der Grenzkontrolle des Flughafens sind an Distanziertheit nicht zu überbieten. Das Visum kostet 31 $, dann ist man offiziell in der Demokratischen Volksrepublik Laos eingereist. Mir fällt auf, dass ich noch nie zuvor in einem sozialistischen Staat zu Gast war. Es gibt nur eine Partei. Autos sind seltener, Scharen von Mopeds verpesten die Luft. Die Industrie ist enorm unterentwickelt und die Handelsbilanz ist negativ. In den kleinen Läden an der Straße fallen die unerwartet hohen Preise auf. Fast alles wird hier aus Thailand, Vietnam oder China importiert. Auf der anderen Seite hätte ich jedoch auch mehr Militär erwartet. Laos gibt nur 0,5% seines BIP für Rüstung aus, wie schon in Thailand sieht man so gut wie nie Soldaten oder andere Uniformierte auf der Straße.


Luang Prabang ist ein nettes kleines Städtchen mit geraden Straßen und einigen Häuserzeilen im französischen Kolonialstil, gelegen in einer wunderschönen grünen Umgebung. An der Mekong-Promenade kann man abends einen unglaublichen Sonnenuntergang genießen und zahlreiche Restaurants versorgen die größtenteils französischen Touristen mit einheimischem Essen und Rotwein. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt sind der Königspalast und der kleine Tempel auf dem Berg Phousi, der genau gegenüber der ehemaligen royalen Residenz liegt und über 328 Stufen neben einer Grotte und einem Fußabdruck des Buddha auch zahlreiche goldene Statuen und einen weitläufigen Blick über die Umgebung bietet.


Der Königspalast gleicht mehr einer größeren Villa. Luang Prabang war lange Jahre die Hauptstadt des historischen Königreichs Lan Xang und später des französischen Protektorats Laos. Bis zur Abschaffung der Monarchie im Jahre 1975 war es die Königsstadt und Residenz des letzten Königs Sisavang Vatthana, der mit seiner Familie in ein Umerziehungslager deportiert wurde und 1983 unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Den Königspalast hat die kommunistische Pathet Lao nach dem Umsturz erhalten und zum Nationalmuseum umfunktioniert. Heute beherbergt das Gebäude neben den königlichen Gemächern und der französisch angehauchten Einrichtung auch eine Reihe archäologischer Ausstellungsstücke, darunter antike Steintafeln mit Lao-Inschriften und eine Garage voller Autos, die zur Zeit des Königs modern waren. Von Ford bis Citroen ist alles dabei, was auf laotischen Straßen anno dazumal eigentlich keine Überlebenschance hatte. Auch das königliche Drachenboot ist in der Nähe geparkt.


Auf dem Areal der Residenz befindet sich auch eine Halle, die den bedeutenden Phabang-Buddha beherbergt. Die kleine Statue ist zwar nur 83 Zentimeter hoch, stellt jedoch das wichtigste und identitätsstiftende Buddha-Bildnis in Laos dar. Seit dem 14. Jahrhundert befindet sich diese Figur in Luang Prabang, wurde jedoch zwischenzeitlich zweimal von den Siamesen geraubt. Die Feindschaft mit Thailand konnte jedoch irgendwann überwunden werden, sodass heute sogar eine Freundschaftsbrücke die heutige Hauptstadt Vientiane mit Thailand am gegenüberliegenden Ufer verbindet. Zur Zeit wird in Luang Prabang ein neuer Tempel gebaut, in dem die Statue ihren endgültigen Standort finden soll.


Auch in Laos lohnt sich ein Fahrrad als innerstädtisches Fortbewegungsmittel und da Luang Prabang trotz seiner glanzvollen Geschichte doch nur eine Provinzstadt ist, verschaffen einem zwei Räder die nötige Mobilität um die Gegend zu erkunden. Meine Mitreisenden sind nach Phonsavan weitergezogen, um dort die Ebene der Steinkrüge zu erkunden, die ich leider verpasst habe. Ich wollte mir aber einfach mal einen Tag mehr an einem Ort gönnen, da wir unser straffes Programm bisher in aller Konsequenz durchgezogen hatten. Und im Umland der Stadt gab es schließlich Wasserfälle, grüne Felder und ein paar Dörfer mit Mönchen, die ihrer täglichen Arbeit nachgehen.


Fahrrad ahoi. Ich fahre in alle Richtungen und finde mal hier, mal dort ein interessantes Wat oder eine Schotterpiste, die im Nichts zu enden scheint. An einer Stelle fährt mir ein Konvoi entgegen, der vorausfahrende Polizist gebietet allen anderen Verkehrsteilnehmern stehenzubleiben und die schwarze Limousine mit irgendeinem Minister – vermutlich der für Landwirtschaft, denn da gab es ein Ministerium in Luang Prabang – braust vorbei. Dann kann ich weiter die Pedale treten und mit dem Ein-Gang-Rad die nächste Steigung erklimmen.


Auf dem Rückweg komme ich an einem Denkmal vorbei. Hier ist das erste Staatsoberhaupt des sozialistischen Laos, Prinz Souphanouvong (1909-1995), in Bronze verewigt und von einem kleinen Park am Mekong eingerahmt. Weniger sehenswert als vielmehr Rast spendend.


Ich fahre zurück in die Stadt. Auch im sozialistischen Laos hat Religion also eine wichtige Bedeutung. Luang Prabang ist bis heute auch ein religiöses Zentrum. Morgens sammeln die Mönche ihre Almosen von der Bevölkerung, leider hatte ich keine Gelegenheit, dieser Zeremonie beizuwohnen und Fotos zu schießen. Die Stadt ist nicht groß, aber es gibt unzählige Tempelanlagen. Die meisten der Wat im Zentrum sind restauriert, doch etwas außerhalb kommt man auch an weniger gut erhaltenen Tempeln vorbei. Die Armut des Landes und der Kontrast zu Thailand werden durchaus auch an der Intensität der Restaurationsarbeiten deutlich, doch in der Abendsonne sind die Tempel von Luang Prabang sehr inspirierend.


Am späten Nachmittag komme ich von meiner Radtour zurück und um kurz vor achtzehn Uhr beginnen die Mönche in ihren Meditationsräumen vor sich hin zu singen, vor jedem Wat kann man ihren Singsang hören, und die Straße wird ergriffen von einer eigenartigen, abendlichen Stimmung. Wie im Nahen Osten der Gebetsruf des Muezzin den Übergang zwischen Tag und Nacht markiert, versammeln sich hier die buddhistischen Mönche vor Sonnenuntergang, um ihre tägliche Meditation zu begehen. Währenddessen trocknet der Reis in der Sonne, die Mücken steigen aus ihren Verstecken im Schilf auf und zielstrebig geht die über dem Mekong unter.


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