Die Fahrt
mit dem Schiff von Thailand nach Laos hätte drei Tage gedauert. Diese Zeit
hatten wir nicht, deswegen entschieden wir uns ganz unspektakulär für das
Flugzeug. Ein Viertel unserer Gruppe spaltete sich in Chiang Mai ab und zog in
Richtung Süden, sodass wir nur noch zu dritt waren, als wir den Flughafen aus-
und bei Lao Airlines eincheckten. Eine solide Propellermaschine brachte uns von
Chiang Mai nach Luang Prabang.
Dort fallen
ziemlich schnell die Unterschiede zu Thailand auf: Es scheint weniger Menschen
zu geben, auch weniger Garküchen unter freiem Himmel, und alles in allem macht
Laos einen ärmeren Eindruck als sein westlicher Nachbar. Die Beamten an der
Grenzkontrolle des Flughafens sind an Distanziertheit nicht zu überbieten. Das
Visum kostet 31 $, dann ist man offiziell in der Demokratischen Volksrepublik
Laos eingereist. Mir fällt auf, dass ich noch nie zuvor in einem
sozialistischen Staat zu Gast war. Es gibt nur eine Partei. Autos sind
seltener, Scharen von Mopeds verpesten die Luft. Die Industrie ist enorm
unterentwickelt und die Handelsbilanz ist negativ. In den kleinen Läden an der
Straße fallen die unerwartet hohen Preise auf. Fast alles wird hier aus
Thailand, Vietnam oder China importiert. Auf der anderen Seite hätte ich jedoch
auch mehr Militär erwartet. Laos gibt nur 0,5% seines BIP für Rüstung aus, wie
schon in Thailand sieht man so gut wie nie Soldaten oder andere Uniformierte
auf der Straße.
Luang
Prabang ist ein nettes kleines Städtchen mit geraden Straßen und einigen
Häuserzeilen im französischen Kolonialstil, gelegen in einer wunderschönen
grünen Umgebung. An der Mekong-Promenade kann man abends einen unglaublichen
Sonnenuntergang genießen und zahlreiche Restaurants versorgen die größtenteils
französischen Touristen mit einheimischem Essen und Rotwein. Die wichtigsten
Sehenswürdigkeiten der Stadt sind der Königspalast und der kleine Tempel auf
dem Berg Phousi, der genau gegenüber der ehemaligen royalen Residenz liegt und über
328 Stufen neben einer Grotte und einem Fußabdruck des Buddha auch zahlreiche
goldene Statuen und einen weitläufigen Blick über die Umgebung bietet.
Der Königspalast
gleicht mehr einer größeren Villa. Luang Prabang war lange Jahre die Hauptstadt
des historischen Königreichs Lan Xang und später des französischen Protektorats
Laos. Bis zur Abschaffung der Monarchie im Jahre 1975 war es die Königsstadt
und Residenz des letzten Königs Sisavang Vatthana, der mit seiner Familie in
ein Umerziehungslager deportiert wurde und 1983 unter ungeklärten Umständen ums
Leben kam. Den Königspalast hat die kommunistische Pathet Lao nach dem Umsturz erhalten
und zum Nationalmuseum umfunktioniert. Heute beherbergt das Gebäude neben den
königlichen Gemächern und der französisch angehauchten Einrichtung auch eine
Reihe archäologischer Ausstellungsstücke, darunter antike Steintafeln mit
Lao-Inschriften und eine Garage voller Autos, die zur Zeit des Königs modern
waren. Von Ford bis Citroen ist alles dabei, was auf laotischen Straßen anno
dazumal eigentlich keine Überlebenschance hatte. Auch das königliche Drachenboot
ist in der Nähe geparkt.
Auf dem
Areal der Residenz befindet sich auch eine Halle, die den bedeutenden Phabang-Buddha
beherbergt. Die kleine Statue ist zwar nur 83 Zentimeter hoch, stellt jedoch
das wichtigste und identitätsstiftende Buddha-Bildnis in Laos dar. Seit dem 14.
Jahrhundert befindet sich diese Figur in Luang Prabang, wurde jedoch
zwischenzeitlich zweimal von den Siamesen geraubt. Die Feindschaft mit Thailand
konnte jedoch irgendwann überwunden werden, sodass heute sogar eine
Freundschaftsbrücke die heutige Hauptstadt Vientiane mit Thailand am
gegenüberliegenden Ufer verbindet. Zur Zeit wird in Luang Prabang ein neuer
Tempel gebaut, in dem die Statue ihren endgültigen Standort finden soll.
Auch in Laos
lohnt sich ein Fahrrad als innerstädtisches Fortbewegungsmittel und da Luang
Prabang trotz seiner glanzvollen Geschichte doch nur eine Provinzstadt ist,
verschaffen einem zwei Räder die nötige Mobilität um die Gegend zu erkunden.
Meine Mitreisenden sind nach Phonsavan weitergezogen, um dort die Ebene der
Steinkrüge zu erkunden, die ich leider verpasst habe. Ich wollte mir aber
einfach mal einen Tag mehr an einem Ort gönnen, da wir unser straffes Programm
bisher in aller Konsequenz durchgezogen hatten. Und im Umland der Stadt gab es schließlich
Wasserfälle, grüne Felder und ein paar Dörfer mit Mönchen, die ihrer täglichen
Arbeit nachgehen.
Fahrrad
ahoi. Ich fahre in alle Richtungen und finde mal hier, mal dort ein interessantes
Wat oder eine Schotterpiste, die im Nichts zu enden scheint. An einer Stelle fährt
mir ein Konvoi entgegen, der vorausfahrende Polizist gebietet allen anderen
Verkehrsteilnehmern stehenzubleiben und die schwarze Limousine mit irgendeinem
Minister – vermutlich der für Landwirtschaft, denn da gab es ein Ministerium in
Luang Prabang – braust vorbei. Dann kann ich weiter die Pedale treten und mit
dem Ein-Gang-Rad die nächste Steigung erklimmen.
Auf dem Rückweg
komme ich an einem Denkmal vorbei. Hier ist das erste Staatsoberhaupt des
sozialistischen Laos, Prinz Souphanouvong (1909-1995), in Bronze verewigt und
von einem kleinen Park am Mekong eingerahmt. Weniger sehenswert als vielmehr
Rast spendend.
Ich fahre
zurück in die Stadt. Auch im sozialistischen Laos hat Religion also eine
wichtige Bedeutung. Luang Prabang ist bis heute auch ein religiöses Zentrum. Morgens
sammeln die Mönche ihre Almosen von der Bevölkerung, leider hatte ich keine
Gelegenheit, dieser Zeremonie beizuwohnen und Fotos zu schießen. Die Stadt ist
nicht groß, aber es gibt unzählige Tempelanlagen. Die meisten der Wat im
Zentrum sind restauriert, doch etwas außerhalb kommt man auch an weniger gut
erhaltenen Tempeln vorbei. Die Armut des Landes und der Kontrast zu Thailand werden
durchaus auch an der Intensität der Restaurationsarbeiten deutlich, doch in der
Abendsonne sind die Tempel von Luang Prabang sehr inspirierend.
Am späten Nachmittag komme ich von meiner Radtour zurück und um kurz
vor achtzehn Uhr beginnen die Mönche in ihren Meditationsräumen vor sich hin zu
singen, vor jedem Wat kann man ihren Singsang hören, und die Straße wird
ergriffen von einer eigenartigen, abendlichen Stimmung. Wie im Nahen Osten der
Gebetsruf des Muezzin den Übergang zwischen Tag und Nacht markiert, versammeln
sich hier die buddhistischen Mönche vor Sonnenuntergang, um ihre tägliche
Meditation zu begehen. Währenddessen trocknet der Reis in der Sonne, die Mücken
steigen aus ihren Verstecken im Schilf auf und zielstrebig geht die über dem
Mekong unter.
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