Donnerstag, 30. September 2010

Aktuelle Bilder - Stuttgart 21 und Nordkorea

Es gibt nun ein Foto, das den neuen Mann in Nordkorea zeigt. Nur zwei Plätze weiter sitzt der "alte" Mann, sein Vater Kim Jong-il. Die Mienen der beiden Männer - versteinert, wie immer.












Wer hier noch eine kurze Übersicht des BBC sehen will (allerdings auf Englisch):
Video1

Und hier: Bilder wie vom G8-Gipfel. Ich bin ja ein Befürworter von Stuttgart 21, ganz einfach aus Protest, weil alle anderen dagegen sind und denken, die andere Hälfte Baden-Württembergs müsse auch dagegen sein. Jetzt geht es ans Eingemachte. Demnächst werden die ersten Bäume des Schlossparks gefällt, an die seit heute Mittag jedoch einige Demonstranten gekettet sind.
Es gab Szenen, die wir aus Deutschland nicht mehr kennen.
Wasserwerfer, Pfefferspray, prügelnde Polizisten. Seit Jahren, Jahrzehnten hat es in Stuttgart keine Wasserwerfer mehr gegeben. Und heute war es dann doch so weit. Die Polizei griff durch. Gegen unbewaffnete, friedliche Demonstranten - bei einer angemeldeten Demonstration. Es gab blutige Nasen, tränende Augen, nasse T-Shirts.
Man muss sich jetzt doch fragen: War das nicht vielleicht ein bisschen viel?












































(Das sind Pressefotos; die stammen nicht von mir.)

Mittwoch, 29. September 2010

Korruption, Politik und der kleine Mann

Geld regiert die Welt. Das wusste man schon immer. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Eigentlich wollte ich heute ein wenig über den Nahen Osten plaudern. Die Friedensgespräche ziehen sich weiter in die Länge, während nun sogar ein "jüdisches" Boot den Gazastreifen angesteuert hat, um dort die humanitäre Lage zu verbessern. Die israelische Marine stoppte das Boot mit seinem Inhalt, der sprichwörtlich "in einen Kofferraum gepasst hätte". Und am Rande diskutiert man weiter über die Zwei-Staaten-Lösung. Am 28. September hatten die Israelis die zehnmonatige Unterbrechung der Bautätigkeiten im Westjordanland beendet - so wie es vereinbart war. Nun bekommen einige der Familien wieder ein Zuhause, die vor fünf Jahren ihre Häuser im Gazastreifen verloren haben und seitdem in Wohncontainern schlafen und leben mussten.
Doch das alles ist heute nicht mein Thema. Dafür will ich ein paar andere Dinge anschneiden, die mir in den letzten Tagen durch den Kopf gegangen sind.

Korruption - ein hartes Wort. Und genau so lautete der Vorwurf gegen Juri Michailowitsch Luschkow, den (nunmals ehemaligen) Oberbürgermeister von Moskau. Nun wurde er entlassen. Der 74jährige wurde abgesetzt durch ein Dekret, das der russische Staatspräsident Wladimir Medwedjew höchstpersönlich unterzeichnet hatte. Doch wer war Juri Luschkow? Der deutschen Öffentlichkeit war dieser Name nicht wirklich geläufig. Bekannt wurde Luschkow jedoch, als er die russische Millionenmetropole während der verheerenden Waldbrände vor ein paar Monaten alleine ließ. Wahrscheinlich vertrug er den Smog nicht mehr, deshalb flüchtete er aus seinem kleinen "Fürstentum". Denn ein "Fürst" war er, der Herr Luschkow. Kaum ein anderer Bürgermeister dieser Welt hatte so viel Macht und Einfluss wie er. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass die Wirtschaft in der Kreml-Stadt floriert. "Die russische Hauptstadt ist wirtschaftlich so stark wie Südafrika. Fast ein Viertel des russischen Bruttoilandsprodukts wird in Moskau erwirtschaftet", schreibt die FAZ. Luschkow war seit 1992 im Amt, fast zwei Jahrzehnte. Er hatte überall seine Hände im Spiel - legal wie illegal, wird vermutet. Wurde er dem russischen Präsidenten zu mächtig? Oder wurde er im Rahmen einer Anti-Korruptions-Maßnahme abgesägt? Wir wissen es nicht. Wie einfach so etwas in Russland funktioniert, zeigt Medwedjews Statement: "Gemäß dem Erlass, den ich unterzeichnet habe, gibt es einen amtierenden Oberbürgermeister von Moskau - das ist Wladimir Ressin." Ressin übernahm die Amtsgeschäfte Luschkows kommissarisch, bis ein neuer Bürgermeister gewählt/eingesetzt werden kann.

Was gibt es noch? Ach ja, ein paar Talkshows und Diskussionen um die letzte Hartz-IV-Erhöhung. Ganze 5 Euro erhalten Arbeitslose nun zusätzlich. Bei der Linken und bei den meisten Hartz-IV-Empfängern sorgte das natürlich für Empörung, Enttäuschung und Protest. Aber jetzt müssen wir uns mal eines fragen: Was haben wir erwartet? Was war abgemacht?
Ursula von der Leyen stellte klar: Die Erhöhung des Geldsatzes war aus dem Durschnittseinkommen eines kleines Verdieners errechnet worden.
Was ist daran falsch?
Was für eine Erhöhung haben wir uns erwartet? 40 Euro? 100 Euro??
Wir müssen uns einmal eines klar machen: Es gibt Länder in Europa, wo Menschen einen Grundbetrag erhalten - egal was sie vorher verdient haben. In Polen erhält ein Arbeitsloser ein Jahr lang Unterstützung. Ein Jahr, danach sollte er wieder einen Job haben. In Spanien muss man 6 Jahre lang eingezahlt haben, um überhaupt etwas zu erhalten.
Unsere Einstellung gegenüber Hartz IV ist eine falsche. Hierbei handelt es sich nämlich um eine Übergangslösung - bis der oder die Betroffene wieder Arbeit hat. Es wird in unserem Land immer mehr zur Angewohnheit, dass sich der Hartz-IV-Empfänger mehr darum kümmert, sein Recht auf ein Leben in Wohlstand einzufordern, als sich einen neuen Job zu suchen. Ein Arbeitsloser kann nunmal nicht so viel verdienen wie ein Mensch, der ein mittleres Gehalt mit einem Fulltime-Job in einer 48-Stunden-Woche.
Ich will hier niemandem zu nahe treten. Aber heute beklagt man sich von allen Seiten, dass das Geld nicht reicht. Die Gründe hierfür werden gern verdrängt. Liegt es vielleicht an der Weise, wie wir Deutschen unser Geld ausgeben? Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass fünf Tiefkühlpizzen (für eine fünfköpfige Familie) mehr kosten als zwei selbstgebackene Pizzen? Haben Sie schonmal nachgedacht, wie lange man an einer kräftigen Gulaschsuppe essen kann?
Als Arbeitsloser muss man umdenken. Wenn das Geld nicht reicht, muss man sparen. Wenn es dann immer noch nicht reicht, dann muss der Staat ran. Aber heute ist es so: Wenn es so aussieht, als würde das Geld nicht reichen, wird laut protestiert.
Das ist meine Meinung. Und eine Meinung steht ja wohl jedem zu.
Statt Geld brauchen wir Maßnahmen. Jedes Kind braucht Bildung und Erziehung. Und bei Kindern aus sozial schwachen Familien ist das besonders wichtig. Auch als Arbeitsloser muss man die Möglichkeit bekommen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Der "kleine Mann" freut sich nicht nur über Euros. Maßnahmen müssen ergriffen werden. Eine warme Mahlzeit in der Schule. Kostenlose Kulturangebote. Unterstützung von sozial Schwachen findet nicht nur in finanzieller Form statt - das haben wir in den letzten Jahren nur etwas verkannt. Und wenn Frau von der Leyen jetzt den Weg einschlägt, der in Richtung Maßnahmen führt, dann erntet sie vonseiten der SPD und der Linken nur Hohn, Spott und Gelächter. Was soll man dazu sagen?

Zum Thema SPD: Und schon sind wir wieder mitten im Wahlkampf. Stuttgart 21 ist immer noch aktuell. Und die Masche dürfte ja jedem mittlerweile klar sein: Kaum stellt sich die breite Masse (so scheint es zumindest) gegen das Bahnprojekt, tritt der Sprecher des Projekts, Wolfgang Drexler, zurück (ich berichtete). Somit scheidet die SPD endgültig aus dem Projekt aus, das sie vor Jahren noch selbst am Schreibtisch unterschrieben hatte. Sie fällt ihrem eigenen Vorhaben in den Rücken. Doch was bleibt der SPD in der Rolle der Opposition anderes übrig?
Der Effekt war erstaunlich. Die CDU fällt - natürlich nicht nur wegen Stuttgart 21 - bei der letzten Umfrage auf 29 Prozent zurück. Ein Rekordtief. Die SPD steht bei 24 Prozent, punktgleich mit den Grünen (!). Die FDP kommt über 5 Prozent nicht hinaus.
Es stehen hochinteressante Zeiten an. Und in Baden-Württemberg kommt die Landtagswahl im März 2011...

Nordkorea - Veränderungen ohne Wandel

In den letzten Tagen wurde heftig spekuliert: Wer ist der junge Mann, der auf dem Foto aussieht wie der nette Verkäufer vom Asia Imbiss nebenan? Die Fakten sind alles andere als gesichert; ja, man weiß nicht einmal, ob das Foto ihn überhaupt wirklich zeigt. Die verfügbaren Daten - so aufschlussreich wie der Steckbrief eines polizeilich gesuchten Verbrechers:


















Kim Jong-un,
26 bis 28 jahre alt,
spricht gebrochen Deutsch,
hält sich wahrscheinlich im Ausland auf.

Sicher ist nur eines: Am 27. Oktober wurde Kim Jong-un zum General ernannt, und das in einem Land, das als das unbekannteste der Welt gilt: Nordkorea. Und damit wurde er von seinem Vater (dem "Geliebten Führer") praktisch zum Prinzregenten ernannt. Der Machtwechsel dürfte in Kürze vollzogen werden. Und damit hätte Nordkorea einen neuen Mann an der Spitze. Den dritten aus der Kim-Dynastie.

Über Kim Jong-un weiß man aber noch etwas Interessantes: Er genoss zumindest einen Teil seiner Schulbildung in der Schweiz, und zwar an der privaten International School of Berne in Gümligen. Andere Berichte behaupten, er habe die 6. bis 8. Klasse an einer Volksschule in Köniz besucht - als Sohn eines Fahrers der Nordkoreanischen Botschaft.
Die Berichte sind verworren und fast nichts kann als sicher bestätigt werden. Das macht die Sache aber nur noch interessanter.

Interessanter ist aber vor allem eines: Wie wird er sein, der neue Herr Präsident? Welchen Titel wird man ihm geben, nachdem der Große Führer an seinen Großvater und der Geliebte Führer an seinen Vater vergeben sind? Wie wird er die Politik gestalten?
Nordkorea kann als letzte große Bastion des Kommunismus gelten, denn im Gegensatz zu Kuba hat man sich hier in den letzten Jahren verstärkt um Atomwaffen gekümmert. Während politische Gegner (und auch Christen) in den Lagern des Landes dahinvegetieren, ging es Nordkoreas Führern stets gut. Das Land des Winterkohls und des Ginseng (daraus kann man auch Tee machen) gilt als eines der ärmsten der Welt. Doch Kim Jong-il residiert in Palästen, besucht Militärparaden und lauscht andächtig den in den Theatern zelebrierten Lobeshymnen, wo nur eine einzige Person gelobt und gepriesen wird - nämlich er selbst.
Wird der junge Kim Jong-un in die Fußstapfen seines Vaters treten? Wird er sein Volk genauso unterdrücken? Man munkelt, dass der junge Kim den Angriff auf ein südkoreanisches Militärschiff (Ende März, 46 Tote) selbst kommandiert haben soll. Sieht der Thronfolger den Nachbarn aus dem Süden ebenso als Klassenfeind?

Fragen über Fragen. Nordkorea wird in den nächsten Jahren ein interessantes und höchst explosives Thema bleiben. Denn eines ist sicher: Die ersten Atomtests fanden schon 2006 statt. Zwar droht der kommunistische Staat nicht mit der Auslöschung Israels, aber er hätte die Macht, einen neuen Weltkrieg zu beginnen. Wo sich Achmadinedschad den Mund fusslig redet, noch an einer Bombe bestellt und nebenher mit Atomkraftwerken sein Volk mit Strom versorgt (so scheint es), hat Kim Jong-il die Phase mit der Energieversorgung übersprungen. Überholen ohne einzuholen, war das nicht schon die Devise der DDR? Anstatt die Hauptstadt Pjöngjang mit Strom zu beliefern - und zu verhindern, dass um 22 Uhr der Saft im gesamten Stadtgebiet abgeschaltet werden muss - baut Kim Jong-il die Bombe. Still und heimlich, ein paar weniger leise Tests, und schon gehört man dazu. Und so richtig schien das damals keinen zu interessieren. Hoch interessant. Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln, wenn der Machtwechsel vollzogen ist.

Und was macht der Nahostkonflikt? Über den schreibe ich euch morgen. Beziehungsweise heute. Aber zu einer anderen Tageszeit...

Samstag, 18. September 2010

Was gibt's Neues?

Naja, wirklich Neues gibt es nicht viel. Alles das alte Lied. Stuttgart 21 erregt immer noch die Gemüter in Baden-Württemberg - oder zumindest vor Ort in der Landeshauptstadt. Demonstrationen sind an der Tagesordnung. Aber bei Stuttgart 21 geht es längst schon nicht mehr nur um einen Bahnhof. Heute morgen trat auch noch der Projektsprecher Wolfgang Drexler (SPD) zurück. Stuttgart 21 verliert sein "prominentes Gesicht" und die SPD rückt immer weiter in Richtung Grün. Früher hat die SPD das Bahnhofsprojekt befürwortet, heute ist man geschlossen dagegen. So langsam kommt die Vermutung auf, dass es bei der ganzen Sache mehr und mehr um Wählerfang geht. Die Landtagswahl in Baden-Württemberg steht im März 2011 an. Bis dahin wird noch einiges passieren. Vielleicht kommt das Projekt bis dahin weiter voran - oder es gibt eine Volksabstimmung und einen Baustopp.

Einen Baustopp fordern auch die Palästinenser. Aber nicht für Stuttgart 21, sondern für die israelischen Siedlungen im Westjordanland. Religiöse jüdische Siedler wollen allerdings das biblische Kernland nicht aufgeben. Jüdisches Erbe - wie z.B. die Gräber der Patriarchen (Abraham, Isaak und Jakob) in Hebron - wollen sie nicht einfach den Palästinensern überlassen.
Anders als Deutschland - so scheint es zumindest - steckt Israel das ganze Jahr über im Wahlkampf. Dieses Mal ist also wieder Benjamin Netanjahu am Zug. Und er hat jetzt die große Möglichkeit, etwas zu bewegen. Doch das letzte Treffen (am Dienstag im ägyptischen Sharm el Sheikh) drohte genau an der Siedlerfrage zu scheitern. Währenddessen lobte jedoch Hillary Clinton (Außenministerin USA): "Beide Seiten meines es ernst."
Doch trotz aller Friedensgespräche - der tägliche Alltag bleibt vorerst wie gehabt: Die israelische Armee mischt mutmaßliche Terroristen im Westjordanland auf, die Hamas schießt weiter unentwegt jede Woche dutzende von Raketen auf Israel.

Doch wieder zurück nach Europa. Auch hier gibt es zurzeit ein bisschen Wirbel, und zwar um Monsieur Nicolas Sarkozy. Unser französischer Freund war seinerzeit als französischer Innenminister kritisiert worden, weil er nach den Unruhen in Frankreich 2005 sagte, man müsse das "Gesindel" und den "Abschaum" (hier verwendet für "Immigranten") "wegkärchern" (mit einem Hochdruckreiniger eliminieren). In den letzten Wochen - Sarkozy ist inzwischen Staatspräsident - ist Frankreich wieder in den Medien, dieses Mal wegen der Abschiebung hunderter von Roma in ihre Herkunftsländer Rumänien und Bulgarien. Viele Roma leben in Frankreich in neu entstandenen Elendsquartieren - ähnlich wie in Rumänien. Der französische Staatspräsident ließ diese Quartiere nun räumen und schickte die Bewohner kurzerhand zurück. Von allen Seiten hagelte es nun Kritik, Rassismus- und Fremdenfeindlichkeitsvorwürfe. Sarkozy zeigt sich - wie immer - unbeeindruckt.
Und der Hammer kommt noch: Angeblich hat sich Sarkozy auf dem jüngsten EU-Gipfel in Brüssel mit Angela Merkel unterhalten und erfahren, dass auch in Deutschland die Abschiebung tausender von Roma geplant sei, und dass man die entstandenen Roma-Lager in der Bundesrepublik auch zu räumen gedenke. Hmm. Nun ja, die Sache ist aber die: In Deutschland gibt es weder solche Lager, noch hat Frau Merkel etwas dergleichen behauptet. Keiner der Anwesenden vom letzten EU-Gipfel kann sich daran erinnern, dass Merkel und Sarkozy über dieses Thema geredet hätten. Die Vermutung wird laut, dass Sarkozy seine Politik rechtfertigen will, indem er Deutschland mit in diesen Schlamassel reinzieht. Und dazu äußern sich kritische Stimmen nicht nur im Ausland, sondern auch in Frankreich selbst. Eine Zeitung schrieb, dass Sarkozy zwar versuche, seine Politik zu rechtfertigen, indem er behauptet, andere Länder würden genauso verfahren wie er, aber in Wirklichkeit steht Frankreich isoliert da.
Sarkozy ist eine umstrittene Persönlichkeit. Manchmal mehr Dichter als Staatspräsident. Aber das ist nicht unbedingt neu. Im November 2009 behauptete er sogar, am Morgen des 9. November 1989 vom geplanten Fall der Mauer erfahren zu haben - zu diesem Zeitpunkt hat noch nicht einmal das Zentralkomitee der SED davon gewusst - und nach Berlin gereist zu sein. Damals war er noch ein unbekannter Parlamentsabgeordneter. Angeblich hat er dem Mauerfall beigewohnt und sogar mit dem Pickel ein paar Steinbrocken von der Mauer abgepickelt. Ach ja, eine interessante Geschichte...

Politik steckt voller Überraschungen. Ein unerschöpflicher Vorrat an Geschichten, Gerüchten und Geschehnissen. Und so geht auch diese Woche zu Ende. Deutschland hat sich in der Zwischenzeit zwei neue ehemalige Guantanamo-Häftlinge ins Land geholt. Der Papst tourt durch Großbritannien, wobei Scotland Yard gleich einen Terroranschlag vereitelt. Und abseits des Weltgeschehens hat unser FDP-Außenminister Guido W. jetzt einen Ehemann...

Montag, 13. September 2010

Kommentar am Dienstagmorgen (00:30 Uhr)

Entwarnung. Terry Jones hat den Koran doch nicht verbrannt. Angeblich hatte er im Gegenzug den Zuspruch erhalten, dass die geplante Moschee am Ground Zero in New York doch nicht gebaut werde - was der New Yorker Imam jedoch bestreitet. Jedenfalls: Jones war am 10. September auf dem Weg in die Millionenstadt, um den muslimischen Geistlichen höchstpersönlich zu treffen. Was dabei herauskam, ist unklar.

Der Nahostkonflikt ist währenddessen noch in vollem Gange. Das Übliche eben: Die Hamas schießt fleißig Raketen auf Israel und schimpft über die "Verräter" (die Fatah-Partei von Mahmud Abbas) im Westjordanland. Israel reagiert auf den Raketenbeschuss und bombt Schmugglertunnel aus, die neben Lebensmitteln auch Waffen aus Ägypten nach Gaza bringen. In der Nähe des Grenzzaunes zwischen Gaza und Israel wurden drei Männer erschossen, die in einer Gruppe bewaffneter Menschen unterwegs waren. Zugegeben: Einer der Männer ist ein 91jähriger Bauer. Ob der etwas mit den Terroristen zu tun hatte, ist fraglich.

Einen weiteren möglichen Dämpfer für den weiteren Verlauf der (langfristigen) Friedensbemühungen gab es vonseiten der Fatah-Regierung des Westjordanlandes: Ein Sprecher betonte, man werde einen "jüdischen Staat Israel" nie akzeptieren.
Jetzt ist natürlich die Frage: Um welche Definition des "jüdischen Staates" geht es? Wir wissen ja, dass Israel gegründet wurde, um dem heimatlosen, verfolgten und beinahe ausgerotteten jüdischen Volk ein Land zu geben, in dem es leben kann. Wir wissen aber auch, dass heute 20 Prozent der Einwohner Araber sind. Außerdem hat die Palästinensische Autonomiebehörde Angst, dass diejenigen Araber, die 1948 im Laufe des israelischen Unabhängigkeitskrieges geflohen sind, nun dauerhaft die Möglichkeit zur Rückkehr verlieren könnten.
Die Frage ist aber auch: Wie soll es weitergehen, wenn die Fatah Israel nicht anerkennt und die Hamas schon gar nicht? Klar ist nämlich: Israel muss existieren. Auch die Frage nach dem "wo" - die als letzter Mahmud Achmadinedschad gestellt hat - ist überflüssig. In seinen Gebeten denkt das jüdische Volk immer an Jerusalem - und das seit 2.000 Jahren. Die Frage nach Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen und bzw. oder des palästinensischen Volkes wird so also auch zu einem Problempunkt.
Ach ja, so ist das mit dem Nahostkonflikt. Wo einmal Hoffnung aufblitzt, ziehen schon bald neue(/alte?) Wolken vom Horizont her und drohen mit einem Gewitter. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich die Sache weiter entwickelt.

Zum Thema Thilo Sarrazin habe ich mich jetzt noch nicht zu Wort gemeldet. Da ich zwei Wochen durch Rumänien gezogen bin habe ich den ersten Akt dieses Theaters verpasst. Aber dafür gibt es ja Zeitungen. So habe ich auch Gelegenheit gefunden, einige nette Leserbriefe zu lesen. Und da ist er wieder: Der unterdrückte Geist des kleinen deutschen Mannes, der sich freut, dass jetzt "endlich mal jemand die Wahrheit sagt". Typisch. Ein Großer sagt etwas "politisch unkorrektes" und könnte damit gleich eine Partei gründen, weil ihm die Hälfte der Deutschen blind hinterherlaufen würde. In solchen Fällen fallen mir immer die Sardellen aus der Zeichentrickserie "Spongebob Schwammkopf" ein - die kommen immer in Massen vor, blinzeln ab und zu mit den Augen und haben nichts im Kopf.

Klar, wir haben ein Problem mit fehlgesteuerter Immigration und Integration. Wir haben sogenannte Parallelgesellschaften, die sich aber statt nur parallel oftmals auch in die entgegengesetzte Richtung entwickeln. Wir haben mittlerweile ein Problem mit wachsendem Islamismus. Tatsache ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung verunsichert ist. Ein anderer Teil der Bevölkerung jedoch - etwa 18,7 Prozent - fragt sich, ob er sich demnächst vor Pogromen fürchten muss, nämlich all jene Einwohner mit Migrationshintergrund.
Es ist einfach unhaltbar zu behaupten, dass Türken unsere Gesellschaft dümmer machen. Sarrazin spricht von "Kopftuchmädchen". Dabei wirft er auch noch mit Zahlen um sich, die den kleinen Mann zwar beeindrucken, aber weniger dramatisch erscheinen, wenn man sie von zwei Seiten betrachtet anstatt nur von einer.
Natürlich, wer andere von mir verfasste Kommentare liest weiß, dass ich eine relativ islamkritische Position vertrete. Allerdings: Dass sich auf einen Schlag ca. 19 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger vorstellen könnten, eine eventuelle Partei des SPD-Bundesbankers zu wählen, nur weil er sich traut, die "Wahrheit" zu sagen - das ist erschreckend. Unsere Geschichte hat uns gelehrt, wie leichtfertig der deutsche Wähler seine Stimme vergibt, wenn man ihn mit den richtigen (bzw. "rechten") Thesen beeinflusst...

Aber zugegeben: Kam es der Regierung nicht gerade recht, dass Sarrazin für Wirbel sorgte? Zum Beispiel erfuhr ich erst am Donnerstagabend (9. September) von einem "Geheimvertrag" über die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke. Und zu diesem Zeitpunkt war die Sache schon unter Dach und Fach. Die Bundesregierung will die deutschen Atommeiler im Schnitt zwölf Jahre länger am Stromnetz lassen als bisher vorgesehen - die älteren Anlagen acht Jahre lang, die jüngeren 14 Jahre. Die Koalition hat darüber bereits eine Vereinbarung mit den großen Energiekonzernen geschlossen. [1]
Darüber hat die Öffentlichkeit kaum etwas gehört. Und das nur, weil Sarrazin - und vor allem die von den Medien hochgespielten Reaktionen seiner Befürworter und Gegner - für Lärm sorgte. Wie leicht lassen sich Menschen durchschauen, berechnen und steuern - die Frage ist nur: Von wem?

Donnerstag, 9. September 2010

Nahost-Friedensprozess (Wochenrückblick)

Wie kann es auch anders sein... Noch bevor der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am 29. August in Washington zu den erneuten Nahost-Friedensgesprächen gelandet war, wurde ihm die Nachricht über einen Anschlag der Hamas im Westjordanland übermittelt. An diesem Tag hatten Terroristen vier Israelis erschossen, die in der Nähe der Stadt Hebron mit ihrem Auto unterwegs waren. Netanjahu gab aber bekannt, dass er trotzdem an der Wiederaufnahme der Friedensgespräche festhalten werde.

Die Nahost-Friedensgespräche begannen am 3. September in Washington. Gastgeber ist US-Präsident Barack Obama. Geladen sind neben Premierminister Netanjahu auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie der ägyptische Präsident Hosni Mubarak und König Abdallah aus Jordanien.

Die Standpunkte der zwei Hauptparteien sind klar: Die Palästinenser fordern einen Abzug der Israelis aus allen jüdischen Siedlungen im Westjordanland sowie einen eigenen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Die israelische Seite fordert zu allererst die Anerkennung des Staates Israel. Weiter will man auf Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Volkes nicht verzichten.

Am 3. September wurden die neuen Verhandlungen eröffnet. Netanjahu zeigte sich bereit für Zugeständnisse, Abbas betonte, die Palästinenser seien bereit, alle ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Diese erste Gesprächsrunde ebnet den Weg für weitere Gespräche. Das nächste Treffen soll in Sharm el Sheikh in Ägypten stattfinden.
Netanjahu betonte vor einigen Tagen auch, dass er anstrebe, alle zwei Wochen ein Gespräch mit Palästinenserpräsident Abbas zu führen.

Hoffnungen auf einen andauernden Frieden? - Vielleicht. Aber ganz nüchtern betrachtet sollten wir uns keine allzu großen Hoffnungen machen. Zwar ist die Bereitschaft von offizieller Seite da. Doch wenn man alle Parteien separat betrachtet, sieht man den Putz bröckeln:
Benjamin Netanjahu regiert ein Volk, das alle paar Jahre einen Regierungswechsel braucht. Israel zu regieren ist schwer. Dazu kommt noch die Zusammenstellung seiner Regierung. Sollte er die Bautätigkeiten in den Siedlungen wieder aufnehmen, würden die linken Koalitionspartner aus der Regierung aussteigen. Sollte er den Siedlungsbau vollends stoppen, bekommt er Probleme mit dem rechten Flügel seiner Regierung.
Und Abbas? Mahmud Abbas steht zwar an der Spitze, aber sein Volk steht nicht hinter ihm. Er ist ein äußerst wackliger Vertragspartner. Und unter den Palästinensern im Westjordanland ist er umstritten. Und von einem "Präsident des ganzen palästinensischen Volkes" kann man ohnehin nicht sprechen: Die Hamas im Gazastreifen hält ihn für einen Verräter. Die Hamas lehnt das Existenzrecht Israels ab. Für sie gibt es nur einen Kompromiss: Entweder alle Juden verschwinden aus dem Land, das die Hamas als Palästina kennt, oder man werde Israel vernichten. Wo bleibt da Raum für Verhandlungen. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die Hamas als solche am Anfang ihres Bestehens von der israelischen Regierung äußerst positiv gesehen wurde - Sie bildete einen Gegenpol zu Yassir Arafats Fatah.
Was ist mit den "Beobachtern" in diesem Prozess? König Abdallah von Jordanien hat als Beduine auch nicht den vollen Zuspruch seines Volkes, das sich mehrheitlich als Palästinenser versteht. Und Hosni Mubarak ist ein kränkelnder alter Mann, der schon 2003 vor laufenden Kameras einen Schwächeanfall erlitt und ohnmächtig wurde.

Ja, hoffen wir das Beste. Die Hoffnung auf Frieden bleibt. Und diese Gespräche - wie auch immer man sie bewerten mag - haben zumindest den Anschein, als seien sie ein Schritt in die richtige Richtung.

Ach ja, eine zentrale Figur haben wir vergessen: Mahmud Achmadinedschad, den Hampelmann aus Teheran. Gerade zum Auftakt der Friedensgespräche fand im Iran der alljährliche Al-Quds-Tag (Jerusalemtag) statt. Hier wünschte man den Juden den Tod, zeigte Solidarität mit seinen muslimischen Brüdern und Schwestern in Gaza und betonte die arabische Identität Jerusalems.
Achmadinedschad hat das Machtvakuum im Nahen Osten - zusammen mit der Türkei - genutzt. Ägyptens Herrscher ist schon über achtzig, der jordanische König lässt sich von Tscherkessen beschützen, und der syrische Präsident Baschar al-Assad steht im Schatten seines (verstorbenen) Vaters Hafiz. Die großen Machtzentren des Nahen Ostens husten und haben Halsschmerzen. Das kommt dem Iran entgegen. Die Iraner sind zwar Perser und sehen sich normalerweise in der Nahrungskette über den Arabern. Aber in diesem Fall betont Achmadinedschad gerne seine Verantwortung und fordert seine Position als Führer der islamischen Welt ein.
Der Iran ist ein Faktor, der in diesem Konflikt bzw. in den neuen Friedensbemühungen nicht zu unterschätzen ist.

Zu guter Letzt bin ich noch auf einen Artikel aus der Seite Israelnetz gestoßen. Ein Abschnitt lautet:

"Haben wir in Europa die Frage von Grenzen und Land nicht unter den Tisch gefegt, um zuerst einmal eine lebenswerte Existenz für alle aufzubauen. Ist das wirklich so schlecht, dass um Deutschland herum so manche Grenzfrage ungelöst blieb? Sollten wir Deutschen den Palästinensern nicht sagen können, dass auch der Aufbau eines demilitarisierten Staates eine vielversprechende Zukunftsperspektive hat? Und warum kann Herr Westerwelle nur den Serben die Anerkennung des Kosovo nahelegen? Warum nicht auch seinen arabischen und moslemischen Freunden die längst überfällige, grundsätzliche und bedingungslose Anerkennung eines Rechts auf Existenz für den jüdischen Staat Israel?" [1]

"International Burn a Koran Day 2010" - Haben die einen Schaden?

Seit Tagen berichten die Medien nun schon über den amerikanischen Pastor Terry Jones und seinen Plan, am 11. September anlässlich des Jahrestages der Terroranschläge von New York öffentlich den Koran zu verbrennen. Dazu hat er schon zweihundert Kopien des Heiligen Buches des Islam gesammelt. Was er damit bezwecken will? Er will dem Islam eine "klare Botschaft" senden. Es ist nur die Frage, was diese Botschaft erreichen soll...

Die ersten Reaktionen auf die Ankündigung dieser Bücherverbrennung kamen vom US-General David Petraeus, dem Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan. Er warnte vor der Reaktion muslimischer Fundamentalisten und wies auf die Gefahr für seine Soldaten am Hindukusch hin.

Bundeskanzlerin Merkel verlieh gestern Abend dem Zeichner einer der Mohammed-Karikaturen den Medienpreis M100 - und kritisierte dabei die Vorhaben des Terry Jones.

Auch Hillary Clinton und US-Präsident Obama haben nun die geplanten Koran-Verbrennungen verurteilt. Diese Handlungen würden den Grundprinzipien Amerikas widersprechen. Es wäre eine destruktive Geste.

Und so ist es auch. Was um Himmels Willen denkt sich Jones? Weiß er nicht, dass er damit weltweite Proteste aufgebrachter Muslime hervorrufen würde? Dass US-Botschaften in Pakistan, Indonesien und dem Jemen Ziele von Anschlägen werden würden? Dass der Hass der afghanischen Taliban und ihre Kampfbereitschaft gegen die amerikanischen Soldaten noch steigen würde?
Natürlich weiß er das. Dazu haben die schon erwähnten Mohammed-Karikaturen viel zu deutliche Reaktionen hervorgerufen.
Aber schauen wir uns die Persönlichkeit "Terry Jones" einmal genauer an:

Der aus Missouri stammende Pastor leitet das Dove World Outreach Center, eine Gemeinde in Florida. Ganze 30 Jahre hat er als Missionar in Deutschland gearbeitet. Dabei führte er allerdings einen in Deutschland nicht gültigen Doktortitel und wurde 2002 zu 3.000 Euro Strafe verurteilt. Von der Christlichen Gemeinde Köln, die er 1988 gegründet hatte, wurde er entlassen. Gründe hierfür waren finanzielle Unregelmäßigkeiten im Gemeindehaushalt, aber vor allem sein autoritärer Führungsstil und einige unhaltbare theologische Thesen und Geltungssucht. Er habe nicht biblische Maßstäbe nach außen getragen, sondern sich selbst in Szene gesetzt. [1]
Terry Jones ist für seine radikalen Ansichten und seinen Fundamentalismus bekannt. Seine evangelikalen Ansichten beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Verbreitung des Evangeliums. Mit seinen Thesen - und letztendlich mit seiner Ankündigung für den 11. September - provoziert er internationale Gewalt. Er schürt Hass. Sollte Jones wirklich am 11. September einen Haufen Bücher verbrennen, können wir uns schonmal auf gewalttätige Demonstrationen und blutige Ausschreitungen in der muslimischen Welt - und eventuell auch in Europa - einstellen...

Doch man muss in Momenten wie diesen auch ganz nüchtern bleiben und beide Seiten betrachten. Wir sollten uns auch einige Fragen stellen.
Wie kann es sein, dass ein einziger Mensch durch eine religiöse Provokation Gewalt auf der ganzen Welt heraufbeschwören kann?
Fragen wir einmal so: Was müssen wir alles beachten, berücksichtigen und respektieren, damit man nicht in Pakistan US-Flaggen oder irgendwann auch Deutschland-Flaggen verbrennt?
Es hat ja nicht mit Terry Jones angefangen. Die Mohammed-Karikaturen sorgten 2005 für Empörung. Im Fall Jones fordert jetzt die pakistanische Regierung von den USA, dieses Unterfangen zu stoppen.

Wir müssen eines begreifen und dann überlegen, wie wir damit umgehen:
Der Islam ist unantastbar. Zumindest wird er von seinen Gläubigen so dargestellt.

Und was ist mit der "Gegenseite"? Pater Manuel Musallem aus Gaza berichtete 2007, dass die Hamas nach der Machtübernahme der kleinen katholischen Gemeinde von Gaza schweren Schaden zugefügt hatte. Die Schule und der Konvent wurden Kreuze zerbrochen und Bibeln und Gebetsbücher verbrannt. (!)
Von Muslimen aller Welt - vor allem von fundamentalistischen Islamisten, die mittlerweile schon hier in Deutschland rumlaufen - müssen wir uns als Ungläubige beschimpfen lassen. Jeden Monat werden Flaggen verbrannt. Der Weltverfolgungsindex von Open Doors [2] zeigt, dass 8 der Top10-Länder, in denen Christen verfolgt werden, muslimische Staaten sind.

Der 11. September hat uns damals ganz klar gezeigt, dass wir im 21. Jahrhundert angekommen sind - auf eine andere Art und Weise wie wir es gerne gehabt hätten. Wir wurden in die Realität geworfen. Unsere Gesellschaft hat Fehler und Lücken. Und diese werden von Fundamentalisten schamlos ausgenutzt. Aber gerade weil uns das bewusst geworden sein sollte, müssen wir andere Wege finden, an die Terrortaten von 2001 zu gedenken. Terry Jones ist das "christliche" Pendant zum radikal-islamistischen Hassprediger - und er ist auf dem besten Weg, kampfbereiten Fundamentalisten aus Afghanistan, Somalia und auch aus den Vororten Londons neue Gründe für einen Glaubenskrieg zu bieten.

Dienstag, 7. September 2010

Rumänien 2010 - Teil 5: Bukarest

Zum Abschluss fuhr ich nach Bukarest, in die rumänische Hauptstadt. Von hier flog mein Flieger zurück nach Stuttgart. Allerdings hatte ich einen Nachmittag Zeit, um mir die Stadt anzusehen.

Bukarest - Hier spielte sich der Höhepunkt der Rumänischen Revolution im Dezember 1989 ab. Auf dem Bild sieht man den Balkon des (ehemaligen) Hauptgebäudes der Sozialistischen Partei. Von hier aus gab Nicolae Ceausescu seine letzte Rede. Als er jedoch erkannte, dass die Massen von ihm nicht mehr beschwichtigt werden konnten, fuhr er mit einem Aufzug aufs Dach, wo schon ein Helikopter wartete. Drei Tage später war er von einem Standgericht verurteilt worden und wurde - zusammen mit seiner Ehefrau - in Targoviste exekutiert.


Die Rumänische Revolution brachte für die Rumänen den Umschwung und eine - schwierige - Freiheit. Die nächsten Jahre brachten die Demokratie Stück für Stück, wobei aber vor allem die Korruption bis heute ein großes Problem blieb.
Als Zeichen des Sieges über die sozialistische Diktatur schnitten Demonstranten die Wappen der Sozialistischen Republik aus den Nationalfahnen.

















Bukarest bietet eine ganze Reihe von Sehenswürdigkeiten. Es gibt den Parlamentspalast, der von Ceausescu als Palatul Poporului (Palast des Volkes) errichtet wurde. Es ist - nach dem Pentagon in den USA - das zweitgrößte Gebäude der Welt. Innen ist er mit allen Schikanen der Architektur eingerichtet, mit Prunk und Glanz. Währenddessen hungerte das Volk draußen vor den Toren des sozialistischen Prachtbaus...
Der Palatul Poporului steht am Ende des Bulevardul Unirii (Boulevard der Einheit), einer Straße, die nach dem Vorbild der Champs Élysées gebaut wurde, gesäumt von sozialistischen Plattenbauten. Diese Massenwohnsiedlungen wurden nach dem großen Erdbeben 1977 errichtet.


Allerdings bietet Bukarest auch eine Reihe von Kirchen. Eine davon ist die griechisch-orthodoxe Stavropoleos-Kirche.











Rumänien 2010 - Teil 4: Dobrudscha und Schwarzmeerküste

Die Zugfahrt von Brasov nach Bukarest Nord dauerte ein paar Stunden - außerdem war der Zug eine ganze Stunde zu spät, sodass ich meinen Anschlusszug nach Tulcea verpasste und somit einen Bus nehmen musste. Das war aber auch ganz angenehm. Der Bus machte kurz vor Sonnenuntergang Halt an einer Raststätte (ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen) und ich aß... Gebratene Pilze mit rumänischer Wurst und ein paar Kartoffeln. Hat wunderbar geschmeckt...

Die Stadt Tulcea liegt am Eingang des Donadeltas - des größten Sumpfgebietes Europas. Und in der Tat, die Leute besuchen Tulcea meist nur, um eine Basis für ihren Trip ins Delta zu haben. Hier liegt der große Hafen, von dem aus man Ausflüge und Bootstouren machen kann. Tulcea an sich lohnt sich jedoch nicht wirklich... Eine sehr rumänische Stadt, in der von Aufschwung und Europa noch nicht allzu viel zu spüren ist. Ich habe das Delta 2008 besucht und hatte dieses Mal nur einen Tag Zeit. Deshalb habe ich mich dieses Mal der Stadt selbst gewidmet, in der Hoffnung, einige Sehenswürdigkeiten neu zu entdecken. Ich habe das Volkskundemuseum besucht und auch das Museum des Donaudeltas. Der Vollständigkeit halber zeige ich euch hier auch einige Bilder aus dem Delta:

























Ich habe mich in Tulcea dieses Mal hauptsächlich damit beschäftigt, Kirchen und Friedhöfe zu besuchen. Man glaubt kaum, welch eine unerschöpfliche Quelle an Ortsgeschichte Friedhöfe sein können. Vor allem Nachnamen interessieren mich brennend. In Tulcea gibt es einen türkischen Friedhof und einen rumänischen. Auf dem rumänischen finden sich die Gräber von Rumänen, Russen, Lipowenern und Ukrainern. Oft erkennt man an den Nachnamen ihre Herkunft. Es gibt Grabkreuze mit Doppelbalken, die auf russisch-orthodoxe Verstorbene verweisen. Türkische und tatarische Gräber haben einen Halbmond auf ihren Grabsteinen.


Vor allem die türkische Kultur hat Tulcea neben der rumänischen mitgeprägt. In der Stadt gibt es eine Moschee und an einem Platz erinnert sogar eine Büste an den Gründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk.






























Zur türkischen Geschichte der rumänischen Schwarzmeerküste gehört auch die Stadt Constanta. Hier steht die Hauptmoschee des Landes. Als ich diese Moschee verlassen hatte, wurde ich auf kuriose Art und Weise von drei Angehörigen der Roma-Minderheit um 150 Lei (ca. 60 Euro) erleichtert. Aber das ist eine andere Geschichte...
































Die Geschichte Constantas beginnt jedoch schon viel früher. Die Stadt hieß bei den Griechen
Tomis und besaß einen bedeutender Hafen. Das Archäologiemuseum birgt noch die Überreste der vergangenen Kulturen. Das Christentum wurde hier vom heiligen Apostel Andreas unter die Heiden gebracht, somit entstand hier praktisch die rumänisch-orthodoxe Kirche.
















Rumänien 2010 - Teil 3: Siebenbürgen

Im dritten Teil meiner Reise kam ich in eine der schönsten Landschaften Europas: Siebenbürgen. Diese Reise auf den Spuren der Siebenbürger Sachsen führte mich nach Hermannstadt (Sibiu), Schässburg (Sighisoara) und Kronstadt (Brasov). Historisch war diese Region über Jahrhunderte vorwiegend von deutscher Kultur geprägt worden. Als das ungarische Königreich im 9. Jahrhundert nach Osten vordrang, brauchte man Leute, die diese Landstriche besiedelten. Deshalb kamen seit dem 12. Jahrhundert (unter König Géza II.) deutsche Siedler aus Luxmeburg und Flandern in die Hügel und Täler, die von den Karpaten im Süden und Osten begrenzt werden. Die erste Erwähnung der Deutschen in Siebenbürgen als "Sachsen" erfolgte in einer Urkunde unter König Andreas II. im Jahre 1224. Die ganze Region erhielt sogar eine Art Autonomie, als das ganze heutige Rumänien von den Osmanen besetzt war. Von dieser Zeit zeugen heute noch zahlreiche, aus Handel mit den Besatzern erworbene Gebetsteppiche in den Kirchen von Schässburg und Brasov.

In Hermannstadt gibt es eine Reihe Museen, die zu den besten Rumäniens gehören. Sie erzählen die Geschichte der Stadt zwischen Ungarn, der Zeit der türkischen Besatzung, dem k. u. k. Kaiserreich und dem neu entstehenden Rumänien (ab 1919). Das Museum der Evangelischen Landeskirche erläutert die Geschichte der Deutschen anhand der Geschichte ihrer Kirchenkultur, denn der christliche Glaube, die Reformation und das Leben als Protestanten haben die Siebenbürger Sachsen und ihr Alltagsleben bedeutend geprägt.
In der Hermannstädter Stadtpfarrkirche gibt es noch heute deutsche, evangelische Gottesdienste.


Eine der berühmten siebenbürgischen Kirchenburgen konnte ich leider nicht besuchen, dafür war ich in Schässburg und habe mich vom mittelalterlichen Flair dieser Stadt beeindrucken lassen. Denn Schässburg zählt (zumindest für mich) zu den schönsten Städten Osteuropas. Hier hat angeblich mal Vlad Tepes (das historische Vorbild für Graf Dracula) gelebt, hier gibt es die Schülertreppe, die von der Stadt unten zum Bergfriedhof, dem Lyzeum und der Bergkirche führt. Und unten in der Stadt überblickt der Stundturm das Treiben.


In Brasov erwartete mich die schmalste Gasse der Welt, die sich gleich in der Nähe der "Schwarzen Kirche" findet. Auch eine wundervoll restaurierte Synagoge gibt es in dieser Stadt. Hier will ich die Bilder sprechen lassen:






















































Rumänien 2010 - Teil 2: Das ungarische Rumänien

Der zweite Teil meiner Rumänien-Tour führte mich nach Oradea (ung. Nagyvárad). Die Stadt liegt im Grenzgebiet zu Ungarn und hat knapp über 206.000 Einwohner, von denen noch fast 30% Ungarn sind. Oradeas ungarische Gemeinde ist sehr selbstbewusst. Es gibt reformierte und katholische Kirchengemeinden, die jedoch - anders als die orthodoxe Kirche - vom rumänischen Staat keinerlei Unterstützung bekommt. Es gibt ungarische Schulen und Gymnasien.

Bedeutsam für die ungarische Minderheit ist auch, dass der Nationaldichter Endre Ady (1877-1919) hier einige Jahre seines Lebens verbrachte.


In Oradea bin ich im Haus eines reformierten Pfarrers untergekommen. Die Gemeinde unterhält freundschaftliche Beziehungen zu einer der zwei Kirchengemeinden, in denen ich in Deutschland aktiv war. Deshalb hatte ich in Oradea auch Leute, zu denen ich kommen konnte und mit denen ich einen Abend verbrachte. Dabei lernte ich einige interessante Dinge über das ungarische Rumänien kennen. Schon vor meiner Reise hatte ich mir vorgenommen, dieses Mal den verschiedenen Kulturen des (ehemaligen) Vielvölkerstaates Rumänien ganz besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Oradea ist besonders für seine Jugenstil-Architektur bekannt, die jedoch unter den Jahren des Sozialismus erheblich gelitten hat. An einigen Stellen, wie zum Beispiel an diesem Fenster in einer Passage, ist die Atmosphäre dieser Zeit noch erhalten geblieben.


Das ungarische Rumänien liegt jedoch nicht nur im Grenzgebiet zum Nachbarland. Auch die nächste Stadt auf meinem Weg gehört zu den ungarischen Überresten Rumäniens: Cluj-Napoca.

In Cluj ist an einigen Stellen noch die gespannte Stimmung zwischen der ungarischen Minderheit und der Stadtregierung zu spüren. Zum Beispiel behauptet die rumänische (und englische) Gedenkplatte am Geburtshaus des ungarischen Königs Matthias Corvinus, dass ebendieser ein Rumäne gewesen sei. Die Ungarn der Stadt hatten vor allem unter dem letzten Bürgermeister - Gheorghe Funar - mit einigen rumänisch-nationalistischen Konfrontationen zu leben.
(zu sehen ist hier das Geburtshaus von Corvinus)


Cluj wirkt auf den ersten Blick ein bisschen unfreundlich, wenn man das hohe Verkehrsaufkommen in der Innenstadt betrachtet. Aber wenn man die vielen Gassen mit ihren Kirchen, Museen und Cafés einmal genauer erkundet, entdeckt man Cluj von einer wirklich angenehmen Seite. Wichtig für die Stadt ist vor allem auch die Universität, die Cluj einen jugendlichen Touch gibt.

Die Michaelskirche im Stadtzentrum.

Rumänien 2010 - Teil 1: Das Banat

Meine nächste Reise führte mich nach Rumänien. Von Budapest (Ungarn) fuhr ich mit dem Zug nach Timisoara, die Hauptstadt von Rumäniens Westen, dem Banat. Dieser Teil des Landes, der bis 1919 zu Österreich-Ungarn gehörte, war bis in die 1980er Jahre noch von vielen tausend Deutschen besiedelt, den Banater Schwaben. Nachdem die Österreicher das Gebiet im 17. und 18. Jahrhunder von den Türken zurückerobert hatten, begannen sie, deutsche Siedler aus Lothringen, dem Elsass und dem Rheinland anzusiedeln. Auch ein Teil meiner Vorfahren gehörte zu diesen Siedlern. Der Heimatort meines Vaters wurde im Jahre 1751 gegründet. Seitdem war er - bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts - fast ausschließlich von Deutschen bewohnt. Zu diesem Dorf, das nicht weit von Timisoara entfernt liegt, habe ich einen Taxi-Ausflug gemacht, der mich (zu) viel Geld gekostet hat... Ich habe die Spuren meiner Vorväter verfolgt und Nachbarn meiner Großeltern besucht. Auch dem örtlichen Friedhof habe ich einen Besuch abgestattet. Die Friedhöfe und immer mehr verfallenden katholischen Kirchen sind heute in vielen dieser Dörfer das einzige, was noch von der Kultur der deutschen Bauern zeugt.

























Timisoara selbst wurde früher als "Klein-Wien" bezeichnet, wegen seiner Architektur. Auf ungarisch und deutsch heißt die Stadt Temesvár bzw. Temeswar. Der offizielle deutsche Name war einmal "Temeschburg", jedoch hat den meistens keiner verwendet.
Die Stadt liegt am Bega-Kanal. Im Stadtzentrum befindet sich die Piata Victoriei. Dieser Platz liegt zwischen der großen orthodoxen Kathedrale und der Oper. Hier spielt sich das abendliche Leben ab, und tagsüber sind die Cafés voll. Timisoara hat einen gewissen Charme.




































In dieser Stadt begann im Jahre 1989 auch die Rumänische Revolution, die zur Absetzung des Diktators Nicolae Ceausescu führte. Ausgelöst wurden die Proteste hier durch die Predigten des ungarisch-reformierten Pfarrers László Tökes.

Aber dennoch... Als ich im Zug am Fenster stand und auf der Strecke zwischen Arad und Timisoara auf die Landschaft hinausgeblickt habe, hab ich gemerkt, dass man hier von EU und Aufschwung noch nicht so viel merkt. Arad ist - zumindest in der Gegend des Bahnhofs - noch immer eine Stadt, vor der man Angst bekommen kann. Osteuropa wird hier richtig spürbar. Während um Bukarest westeuropäische Firmen neue Produktionsstätten aus dem Boden stampfen, ist im Banat, in Rumäniens Wildem Westen, die Zeit stehen geblieben.

Montag, 6. September 2010

Kroatien

Im August 2010 war ich (mit Familie) in Istrien im Urlaub. Istrien - eine wunderschöne Region im Norden Kroatiens. Hier gibt es eine schöne Küste mit (steinigen) Badestränden und ein Hinterland voller kleiner Dörfer und Städte, die idyllisch in der hügeligen Landschaft liegen.

Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte Istrien zum k. u. k. Kaiserreich (Österreich-Ungarn), nach 1919 kam das Gebiet an Italien. Doch schon immer lebte hier eine gemischte Bevölkerung. Der kroatische Teil Istriens ist heute bilingual kroatisch/italienisch. Obwohl die italienische Minderheit heute nur noch sehr klein ist, besitzen die meisten Dörfer und Städte jeweils einen kroatischen und einen italienischen Namen.

Da ich eine Schwäche für ethnische Minderheiten habe und für alles, das mit Regionalgeschichte zu tun hat, habe ich mich in Istrien wunderbar wohl gefühlt und mit meiner Familie die Region erkundet.

Ich möchte Euch hier nur einmal ein paar Fotos zeigen und es dabei belassen.

Die Stadt Buje (it.: Buie)






















Eine Gasse in Buje.

















Panorama vom Kirchturm in Rovinj (Rovigno) aus.



Istriens Felder bestehen aus einer auffallend roten Erde, die von eisenhaltigem Grund zeugt. Umso erstaunlicher ist die Marmorhöhle (Mramorica) bei Brtonigla (Verteneglio), die aus Kalkgestein besteht und erst seit 2005 offiziell für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Allerdings kamen hierher schon seit 1771 - meist um die kalkhaltigen Tropfsteine abzubrechen (wegen dem Calciumgehalt).