Samstag, 7. Februar 2015

Zum Selbstverständnis vom Charlie Hebdo

Dieses Video von VICE könnte all denen etwas von dem Selbstverständnis von Charlie Hebdo vermitteln, die bis heute an der Relativierung „Naja, aber sie haben es ja auch provoziert…“ festhalten und den Eindruck haben, es handle sich bei der Zeitschrift lediglich um ein islamfeindliches Schmähblatt. VICE-Reporterin Milène Larsson hat sich mit einem der überlebenden Karikaturisten der französischen Satirezeitschrift getroffen.


Der Karikaturist Luz (eigentlich Renald Luzier) erzählt vom Tag des Anschlags, wie er ihn überlebte und warum er heute einen Gürtel trägt. Doch es wird auch ein wenig mehr deutlich, was Charlie Hebdo eigentlich ist. „Charlie ist ein satirisches Magazin, mehr oder weniger anarchistisch.“ Es sei seit den 1960er Jahren bestrebt, Tabus zu brechen sowie Symbole und jegliche Form von Fanatismus zu attackieren. Es war 2007 die einzige Zeitschrift in Frankreich, welche die dänischen Mohammed-Karikaturen veröffentlichte. Damals wurden sie als Provokateure bezeichnet, eine Abbildung des Propheten auf der Titelseite hatte zur Folge, dass die Büros von Charlie Hebdo niedergebrannt wurden. Nach dem Attentat vom Januar 2015 wurde Charlie Hebdo selbst zu einem Symbol – was Luz sehr kritisch sieht, denn Symbole hätte die Zeitschrift ja schließlich bekämpft.
Eine wichtige Antwort gibt Luz auf die Frage, ob er manchmal nicht besorgt sei, die Cartoons könnten die Gefühle der muslimischen Gemeinde verletzen. „Ich denke, dass Charlie Hebdo den meisten Muslimen egal ist.  Jene, die behaupten, alle Muslime seien beleidigt, halten Muslime für schwachsinnig“, sagt er. „Wir halten Muslime nicht für Schwachsinnige.“ Luz erzählt von einer bewegenden Begegnung mit einem Muslim auf der Beerdigung von Charb, dem Zeichner Stéphane Charbonnier, und meint dann: „Ich bin nicht gegen den Glauben der Menschen. Ich will Rabbis, Priester, Mullahs kritisieren – Menschen, die den Glauben anderer als politische und nicht immer als friedliche Angelegenheiten betrachten. Und das werde ich auch weiterhin tun.“ Der Zeichner berichtet auch von der Demonstration, an der (abseits, in einer abgesperrten Straße) auch die Staatschefs mehrerer Länder teilnahmen. Dabei bringt er auch zum Ausdruck, dass er es heuchlerisch findet, wenn der saudische König sich der Aussage „Je suis Charlie“ anschließt, gleichzeitig aber den Blogger Badawi in seiner Heimat auspeitschen lässt. Die Staatschefs sollten ihren Bürgern erlauben, über sie zu lachen, meint er.

Eine kurze Info zu meiner Motivation dahinter, fertige Reportagen in mein Blog einzubauen und zu kommentieren: Ich bin ein großer Fan von VICE und finde es bedauerlich, dass es viele Videos und Reportagen nur auf Englisch zu sehen gibt. Um die meist großartigen Reportagen und Interviews auch denjenigen zugänglich zu machen, die eher ungern englische Videos schauen, gebe ich hier zumindest einen kurzen Kommentar ab. Natürlich fließen hier auch meine eigenen Wertungen und Kommentare ein. Dies bitte ich zu berücksichtigen.

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