Sonntag, 28. Dezember 2014

Friedrich, Deutschland und Pegida

Es freut mich ja, wenn unsere eiserne, unbeugsame und alternativlose Kanzlerin auch aus den eigenen Reihen mal Kritik zu hören bekommt – allerdings nicht unbedingt von Peter Friedrich! Dieser macht nämlich den scheinbar zu linken Kurs der CDU mitverantwortlich für den aktuellen Pegida-Höhenflug und meint: „Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit mit der Frage nach der Identität unseres Volkes und unserer Nation zu leichtfertig umgegangen sind.“ Zur doppelten Staatsbürgerschaft (für Türken in Deutschland) hat er zu sagen: „Natürlich war die Zustimmung zur doppelten Staatsangehörigkeit ein Fehler. Gerade in einer Zeit, in der die Menschen wieder nach kultureller Identität, Heimat und Zusammenhalt fragen, ist der leichtfertige Umgang mit der Staatsbürgerschaft falsch.
Fragen die Menschen wirklich wieder nach kultureller Identität, Heimat und Zusammenhalt? Und wenn ja, warum?! Die Deutschen gehen wie Jahre und Jahrzehnte zuvor auf Weihnachtsmärkte, die in keiner einzigen deutschen Stadt in „Jahresabschlussmärkte“ umbenannt wurden. Ob Christ/-in oder nicht, gefühlt hat jede/-r zweite Facebook-Nutzer/-in mindestens ein kitschiges Foto gepostet, auf dem irgendwelche Weihnachtsaccessoires zu sehen sind. Die Deutschen sind Weltmeister und haben im Sommer eine riesige Party in Schwarz-Rot-Gold auf den Straßen gefeiert. Deutschland ist seit November offiziell das beliebteste Land der Welt. Natürlich geht es in diesem Land auch einigen Menschen ziemlich sche*ße, aber alles in allem haben wir eine souveräne Grundlage, auf die wir aufbauen können. Wieso um alles in der Welt sucht der/die durchschnittliche Deutsche plötzlich nach mehr Identität, mehr Heimat, mehr Zusammenhalt? Ist das, was wir haben, nicht schon eine ganze Menge?
Vielleicht stellt sich heute gar nicht die Frage, wie viel „Fremdes“ eine Gesellschaft verträgt, sondern wie viel „Nation“ eine Gesellschaft ertragen kann, bevor es zu bleibende Schäden kommt. Doch in unseren Tagen gehen immer mehr „besorgte Deutsche“, die angeblich der „bürgerlichen Mitte“ entstammen, auf die Straße und vertreten Thesen wie „Für mich ist es völlig unerheblich, ob es denHolocaust gegeben hat. Das ist 70 Jahre her!“ – Zur Erinnerung: Im März 1933 wurde die NSDAP von 43,9% des Volkes demokratisch an die Macht gewählt. Damals waren (nur) etwas mehr als 9% der Bevölkerung arbeitslos. Dies offenbart, was oft übersehen wird: Hitlers Wahlsieg wurde von großen Teilen der „bürgerlichen Mitte“ getragen. – Vielleicht ist das auch der Grund, wieso uns unser deutsches Schulsystem und die von Pegida & Co. als „Lügenpresse“ bezeichneten Medien zu Recht immer wieder daran erinnern, was zwischen 1933 und 1945 passiert ist.

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