Es freut
mich ja, wenn unsere eiserne, unbeugsame und alternativlose Kanzlerin auch aus
den eigenen Reihen mal Kritik zu hören bekommt – allerdings nicht unbedingt von
Peter Friedrich! Dieser macht nämlich den scheinbar zu linken Kurs der CDU
mitverantwortlich für den aktuellen Pegida-Höhenflug und meint: „Ich glaube,
dass wir in der Vergangenheit mit der Frage nach der Identität unseres Volkes
und unserer Nation zu leichtfertig umgegangen sind.“ Zur doppelten
Staatsbürgerschaft (für Türken in Deutschland) hat er zu sagen: „Natürlich war
die Zustimmung zur doppelten Staatsangehörigkeit ein Fehler. Gerade in einer
Zeit, in der die Menschen wieder nach kultureller Identität, Heimat und
Zusammenhalt fragen, ist der leichtfertige Umgang mit der Staatsbürgerschaft
falsch.“
Fragen die
Menschen wirklich wieder nach kultureller Identität, Heimat und Zusammenhalt?
Und wenn ja, warum?! Die Deutschen gehen wie Jahre und Jahrzehnte zuvor auf
Weihnachtsmärkte, die in keiner einzigen deutschen Stadt in
„Jahresabschlussmärkte“ umbenannt wurden. Ob Christ/-in oder nicht, gefühlt hat
jede/-r zweite Facebook-Nutzer/-in mindestens ein kitschiges Foto gepostet, auf
dem irgendwelche Weihnachtsaccessoires zu sehen sind. Die Deutschen sind
Weltmeister und haben im Sommer eine riesige Party in Schwarz-Rot-Gold auf den
Straßen gefeiert. Deutschland ist seit November offiziell das beliebteste Land der
Welt. Natürlich geht es in diesem Land auch einigen Menschen ziemlich sche*ße,
aber alles in allem haben wir eine souveräne Grundlage, auf die wir aufbauen
können. Wieso um alles in der Welt sucht der/die durchschnittliche Deutsche
plötzlich nach mehr Identität, mehr Heimat, mehr Zusammenhalt? Ist das, was wir
haben, nicht schon eine ganze Menge?
Vielleicht
stellt sich heute gar nicht die Frage, wie viel „Fremdes“ eine Gesellschaft
verträgt, sondern wie viel „Nation“ eine Gesellschaft ertragen kann, bevor es
zu bleibende Schäden kommt. Doch in unseren Tagen gehen immer mehr „besorgte
Deutsche“, die angeblich der „bürgerlichen Mitte“ entstammen, auf die Straße
und vertreten Thesen wie „Für mich ist es völlig unerheblich, ob es denHolocaust gegeben hat. Das ist 70 Jahre her!“ – Zur Erinnerung: Im März 1933
wurde die NSDAP von 43,9% des Volkes demokratisch an die Macht gewählt. Damals
waren (nur) etwas mehr als 9% der Bevölkerung arbeitslos. Dies offenbart, was
oft übersehen wird: Hitlers Wahlsieg wurde von großen Teilen der „bürgerlichen
Mitte“ getragen. – Vielleicht ist das auch der Grund, wieso uns unser deutsches
Schulsystem und die von Pegida & Co. als „Lügenpresse“ bezeichneten Medien
zu Recht immer wieder daran erinnern, was zwischen 1933 und 1945 passiert ist.
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