Nahostkonflikt
Israel und Palästina liegen in einer heißen Region mit vielen Sonnen- und wenigen Regentagen. Die Frage nach dem Wasser ist alltäglich im Nahen Osten. Sie wird auch dementsprechend heftig diskutiert und politisch wie propagandistisch ausgeschlachtet. Die große und ständig wachsende Bevölkerung bezieht ihr Wasser aus den verschiedenen natürlichen Reservoirs des Landes, von denen der See Genezareth im Norden des Landes das größte bildet.
Israel und Palästina liegen in einer heißen Region mit vielen Sonnen- und wenigen Regentagen. Die Frage nach dem Wasser ist alltäglich im Nahen Osten. Sie wird auch dementsprechend heftig diskutiert und politisch wie propagandistisch ausgeschlachtet. Die große und ständig wachsende Bevölkerung bezieht ihr Wasser aus den verschiedenen natürlichen Reservoirs des Landes, von denen der See Genezareth im Norden des Landes das größte bildet.
Das Thema ist sehr komplex. Die Klärung der Fakten bietet einen
kleinen Einblick in die Problematik.
Der Hausverbrauch an Trinkwasser lag in Israel bei etwa 84 Kubikmetern
pro Kopf, in den Palästinensergebieten bei nur 58 Kubikmetern (2006).[1] –
Woher kommt dieser doch deutliche Unterschied? Laut palästinensischen Angaben
ist die israelische Besatzung für die Wasserknappheit und den niedrigen
Verbrauch in den Palästinensergebieten verantwortlich. Siedlungen, Mauern und
die Zerstörung der Infrastruktur werden als vom israelischen Staat ergriffene
Maßnahmen gedeutet. Diese Erklärung greift jedoch deutlich zu kurz. Anders als
von einigen palästinensischen Quellen dargestellt hat auch Israel Probleme mit
der Wasserknappheit. Gegen zu hohen Verbrauch in heißen Sommern geht die Regierung
mit Bußgeldern vor. Beim Erhalt von Grünflächen hilft man sich anderweitig: Im
Sommer 2009 entschloss sich die Stadt Netanya, die wegen der Dürre ihre
Grünflächen nicht mehr bewässern konnte, mit grüner Lebensmittelfarbe
nachzuhelfen.[2] – Laut Haim Gvirtzman, Professor für Hydrologie an der Hebrew
University in Jerusalem, ist vor allem der unterschiedliche Lebensstandard
beider Gesellschaften für die große Diskrepanz verantwortlich, die beim
Verbrauch sichtbar wurde. Dies könne durchaus auch innerhalb der israelischen
Gesellschaft beobachtet werden: So sei der Verbrauch eines Jerusalemers (65 Kubikmeter
Wasser) deutlich niedriger als der eines Einwohners von Tel Aviv (115
Kubikmeter Wasser).[3]
Weitere Daten weisen auf ein anderes Problem hin: Israel verliert 11
Prozent des Trinkwassers durch schadhafte Leitungen[4], die
PA sogar ganze 33,6 Prozent[5]. In
der Palästinensischen Autonomie könnte der relativ hohe Verlust an Trinkwasser also
allein durch weitreichende Sanierungsmaßnahmen deutlich gelindert werden.
Verglichen mit den Nachbarstaaten werden noch weitere Unterschiede beim
Wasserverbrauch sichtbar: Während der Frischwasserverbrauch pro Kopf und Jahr
in Israel bei 150 Kubikmetern und in den Palästinensergebieten bei 140
Kubikmetern liegt, verbraucht ein Jordanier 172 Kubikmeter, ein Ägypter 732
Kubikmeter, ein Syrer 861 Kubikmeter und ein Libanese sogar 949 Kubikmeter![6] Vergleicht
man also die Situation Israels und Palästinas mit der Lage der Nachbarn, so
werden noch gravierendere Unterschiede deutlich, die vor allem auf den hohen
Anteil von geklärtem und entsalztem Wasser zurückzuführen sind. Israel
investiert eine Hohe Summe in die Aufbereitung von Abwasser, das dann zu 75
Prozent der Landwirtschaft zufließt. Während an das Wassernetz angeschlossene Israelis
und Palästinenser normalerweise rund um die Uhr fließendes Wasser bekommen,
haben die Einwohner von Amman oder anderen Hauptstädten des Öfteren mit
Engpässen zu kämpfen.
In den Palästinensergebieten besteht gerade mit dem Abwasser ein
großes Problem: Von 52 Millionen Kubikmetern Abwasser fließen ganze 34
Millionen Kubikmeter ungeklärt in die Umwelt ab. Und das geklärte Wasser wird
kaum für die Landwirtschaft verwendet. Es mangelt an palästinensischen
Kläranlagen, obwohl die Gelder von der EU und den USA durchaus bereitgestellt
werden würden. Außerdem existieren für die jüdischen Siedlungen bereits
Klärsysteme. Karin Leukefeld schrieb für die AG Friedensforschung: „Offenbar
versuchen die Besatzungsbehörden, Druck auf die Palästinenser auszuüben, ihr
Abwassersystem an israelische Kläranlagen anzuschließen, die auch die Abwässer
der illegalen Siedlungen klärt. Die Palästinenser beharren auf einem eigenen
Abwassersystem, denn ein Anschluss an die Kläranlagen der Besatzer würde einer
Anerkennung der illegalen Besatzung gleichkommen.“[7]
Der Journalist Johannes Gerloff schreibt: „Wasser und Abwasser
werden sich nie an kulturelle Empfindlichkeiten, politische Abmachungen oder
Grenzen halten. Wasser richtet sein Verhalten immer nach der Schwerkraft,
klimatischen, geografischen und geologischen Gegebenheiten. Deshalb werden
Israelis und Palästinenser auch künftig nicht umhin kommen, in diesen Fragen zu
kooperieren – ganz unabhängig von einer politischen Lösung.“[8] –
Vielleicht wäre es hier hilfreich, die Kooperation (von beiden Seiten) stärker
zu verfolgen, gerade was die Frage des ungeklärten Abwassers angeht. Es ist verständlich,
dass die palästinensische Führung auf einem eigenen Abwassersystem beharrt.
Andererseits könnte man jedoch die Tatsache in Erinnerung rufen, dass zu Beginn
der israelischen Besatzung 1967 nur vier der 708 palästinensischen Städte und
Dörfer überhaupt an das Wassernetz angeschlossen waren. In den ersten fünf
Jahren der Besatzung wurde das palästinensische Netz um ganze 50 Prozent
ausgebaut[9] – von
Israel. Warum sollte beim Thema Abwasser eine Kooperation so schwierig sein?
Das Wasserproblem ist ein großer Hemmstein, auch für eine
Friedenslösung. Anders als die Frage um eine Hauptstadt oder den Verlauf der
Grenzen ist dieses Problem jedoch unmittelbar lebenswichtig und verlangt nach
einer dringenden Lösung. Politische Interessen beider Seiten sowie der bürokratische
Dschungel machen einen Kompromiss und ein gemeinsames Vorankommen schwierig.
Dass Israel noch andere Probleme mit dem Wasser hat, wird vor allem
am israelisch-jordanischen Konflikt deutlich. Die Palästinenser sind in diesem
Beispiel weniger betroffen. Lange Jahre bestimmte der Streit um das Wasser des
Jordan die Tagesordnung. Als Grenzfluss wurde er von Israel, Jordanien und
Syrien beansprucht als wichtige Lebensquelle. Die Gründe für eine lange
Geschichte der Kompromisslosigkeit war weniger die Politik, sondern viel eher
die Wirtschaft: Dreh- und Angelpunkt eines großen Teils der regionalen Wasserproblematik
ist und bleibt die Landwirtschaft. Doch die Zahlen aus Israel und Jordanien sprechen
für sich: Israel benötigt rund 70 Prozent des vorhandenen Wassers für die
Landwirtschaft, Jordanien etwa zwei Drittel. In Israel erwirtschaftet dieser
Wirtschaftszweig jedoch nur 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts! In Jordanien
sind es 7,5 Prozent – in Relation zum Verbrauch auch hier kaum erwähnenswert.
Beide Staaten sind kaum auf die Landwirtschaft angewiesen. Und doch ist die
Bandbreite für eine Lösung gerade in diesem Sektor so schmal. Die Gründe liegen
bei genauerem Hinsehen auf der Hand: Auf der israelischen Seite besteht eine starke
Lobby der Landwirtschaft, die ihren Einfluss geltend macht. Hinzu kommt die
fundamentale Bedeutung der Landwirtschaft für den Zionismus. War es Juden doch
jahrhundertelang unmöglich, Land zu erwerben und zu bewirtschaften, so bot sich
nun in Israel die Möglichkeit, sich niederzulassen und die Landwirtschaft in
Form von Kibbutzim und agrarischen Siedlungen zum sprießen zu bringen. Mit den
heutigen technischen Mitteln ließe sich der Wasserbedarf in Israel jedoch noch
weiter senken. In Jordanien verhält es sich ähnlich wie mit den israelischen
Interessengemeinschaften: Zwischen zehn und zwanzig Familien sitzen in den
Agrarministerien und subventionieren die Landwirtschaft gezielt. Durch einen
Kreislauf von Krediten und undurchsichtigen Geschäften wollen sie ihre
Monopolstellung wahren.[10]
Wie man sieht, ist das Wasserproblem im Nahen Osten sehr
vielschichtig. Während das Trinkwasser in Israel und den Palästinensergebieten
effizienter genutzt wird als in den Nachbarländern, behält sich die
Landwirtschaft einen großen Einfluss auf die Wassernutzung vor. Durch kaputte
Leitungen und falsch investierte Gelder leidet die Infrastruktur der
Wasserversorgung in den Palästinensergebieten. Durch illegal gebohrte Brunnen
steigt das Risiko der Grundwasserversalzung. Es mangelt an funktionierenden (und
richtig betriebenen) Klärwerken.
Eine Lösung der verflochtenen Konflikte wäre nicht so schwer wie
vermutet. Die „Osloer Verträge“ – insbesondere der Vertrag von 1995 – betonen die
Bedeutung der Kooperation auf dem Gebiet der Wassereinteilung. Die Grundlagen
für ein gemeinsames Vorankommen existieren bereits. Notwendig ist einzig eine
Unterbindung der Propagandaschlacht zwischen den sich immer weiter voneinander
entfernenden Gesellschaften.
(Diesen Artikel finden Sie auch auf der Website der Friedensbewegung Rock of Peace!)
(Diesen Artikel finden Sie auch auf der Website der Friedensbewegung Rock of Peace!)
[1] H. Gvirtman: The
Israeli-Palestinian Water Conflict: An Israeli Perspective (Begin-Sadat
Center for Strategic Studies der Bar-Ilan University, Januar 2012)
[2] Netanja
passt sich an – Grüne Farbe für den Rasen (n-tv, 14.07.2009)
[3] H. Gvirtman: The
Israeli-Palestinian Water Conflict: An Israeli Perspective (Begin-Sadat
Center for Strategic Studies der Bar-Ilan University, Januar 2012), S. 9
[4] Laut Haim Gvirtzman vom Begin-Sadat
Center for Strategic Studies der Bar-Ilan University.
[5] Water Supply Status (Palestinian Water Authority, 2007)
[6] J.
Gerloff: Wasser ist Leben, in Israelreport (Ausgabe 3/2012, Christlicher
Medienverbund KEP e.V.)
[7] K.
Leukefeld: Israel verschärft Wasserkrieg (Junge Welt, 12.04.2010)
[8] J.
Gerloff: Wasser ist Leben, in Israelreport (Ausgabe 3/2012, Christlicher
Medienverbund KEP e.V.)
[9] ebd.
[10] Aus
einer Studium Generale-Vorlesungsreihe von Prof. Dr. Peter Pastewka an der
Eberhard Karls Universität in Tübingen.
.... was genau ist denn dein 3. Word?
AntwortenLöschenThorschten hat die Frage nicht verstanden. - Ich nehme einmal an, dass Du "Wort" meintest. Dann wäre meine andere Frage: Welches dritte Wort? In der Überschrift? Das wäre "im", auch bekannt als "in dem". ;) Oooder aber Du meinst "Palästina". Hmm, gute Frage. Der würde ich gerne eine Gegenfrage zuwerfen: Was genau tut es hier zur Sache, wie man das P-Wort genau definiert? Es geht hier in dem Beitrag ja um Israel und "die Anderen". Und diese Anderen sollten beim Namen genannt werden. In meinem Fall schließt das eine ja das andere nicht aus.
AntwortenLöschen(Nähere Infos unter www.rock-of-peace.de) :P