Ob Regen oder Schnee: Wir haben immer was zu meckern. Ist es mal kalt, dann ist es zu kalt. Ist es mal mild, dann ist es nicht kalt genug. Aber wenn es zu allem Überfluss auch noch regnet, dann geht sprichwörtlich die Welt unter.
Dabei ist alles doch nur eine Frage der Musik. Selbst wenn es wie aus Kübeln regnet, kann man sich einen kleinen Spaziergang gönnen: Mit „Sunshine Reggae“ von Bob Marley im Ohr, den entspannenden Klängen der Karibik und einem gemütlichen Wellenrauschen im Hintergrund schmeckt der herbstliche Nieselregen im Gesicht schon nahezu salzig. Der Duft von Algen liegt in der Luft, die Gedanken schweifen ab an die weißen Strände von Barbados, wo man selbst noch nie war und wahrscheinlich auch nie sein wird. Alles eine Frage der Hintergrundmusik.
Seit ich im Besitz eines nagelneuen MP3-Players bin – ich habe mich erst im Alter von 21 Jahren als würdig befunden, meinem Leben eine Hintergrundmusik zu verleihen – habe ich den Einblick in diese ganz Welt des Musikhörens gewonnen. Es ist erstaunlich, wie die Menschen im Bus, im Buchladen oder auf der Straße im Schein von Reaggae, Hardrock oder schottischer Dudelsackmusik aussehen. Komischerweise bildet man sich ein, sie würden sich alle im Takt bewegen. Oder sie sitzen nur still da. Im Takt.
Was auch erstaunlich ist: Alle anderen scheinen auch ihre Stöpsel im Ohr zu haben. Weiße Kabel, schwarze Kabel, kleine Stöpselchen, von Zeit zu Zeit enorme Kopfhörer. Das ist eine ganz eigene Subkultur!, habe ich gemerkt. Und plötzlich ist man irgendwie mit drin. Das Leben ist beeinflusst von Musik, die einen auf Schritt und Tritt begleitet. Wie praktisch. Hat man es eilig, morgens an die Uni zu kommen, hört man die klassische deutsche Marschmusik, wie etwa den Radetzky-Marsch oder Preußens Gloria. Kann ich nur empfehlen. Und dann geht’s im Stechschritt in Richtung Hochschulbildung, vorbei an kopfschüttelnden Mainstream-Musikkonsumenten. Abends, wenn man fortgeht, kann man sich mit den Böhsen Onkelz in die Welt des aggressiven Hardrock begeben – was einen allerdings aggressiv macht. Nicht gut. Zum Runterkommen eignen sich dann immer noch eher ein Reggae-Mix oder irgendwelche französischen Chansons, von denen man genug versteht, um angenehm berührt zu sein, aber doch zu wenig, um sich ernsthaft Sorgen machen zu müssen.
Musik ist extrem entspannend – und kann einen verrückt machen.
Gerne würde ich länger darüber philosophieren, dich die Realität hat mich um diese Aufgabe erleichtert:
Mein MP3-Player hat sich jedenfalls dazu entschlossen, eines Tages nicht mehr aus seiner Ekstase zu erwachen. Er blieb einfach irgendwie stecken, hat sich aufgehängt. Ich hatte nur eine Wahl: Lass ihn laufen, bis der Akku leer ist. Jetzt überlege ich verkrampft, wo ich die Garantie-Bescheinigung für dieses Ding hinverlegt habe, das sich kaum einen Monat und sechs Tage in meinem Dienst befand.
Wahrscheinlich sind manche Menschen nie reif, sich ihrem Leben auf Schritt und Tritt zu Musik zu verhelfen. Und andererseits, wie Ferdinand Müller zu sagen pflegte: Das Leben geht weiter.
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