Freitag, 21. März 2014

Kalinka, kalinka

(„Muss man sich als Blogger eigentlich auch mal zum Thema Ukraine äußern?“ – „Eigentlich schon…“ – „Och Menno…“ – „In drei, zwei eins…“)

Oh… (räusper) – Liebe Mitbeobachterinnen und Mitbeobachter,

unser Außenminister hat in den letzten Monaten zahlreiche Grußworte gehalten, nicht selten zu Veranstaltungen mit Titeln wie „1914 – Versagen der Demokratie?“ Der Beginn des Ersten Weltkriegs ist hundert Jahre her. Man diskutiert, man gedenkt – und man rasselt wieder mit den Säbeln. Wie selbstverständlich wägt man in den Medien ab, ob es zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland kommen könnte. Ob die Ukraine genug Soldaten hätte und wo diese stationiert sind. Muss sich angesichts dieses Szenarios nicht jede/r gedenkende und geschichtsbewusste Europäer/in vor den Kopf gestoßen fühlen?

Doch was soll Europa anderes tun, als die Russen – oder sollte ich vielleicht eher sagen „den Russen“ – aus den G8 rauszuwerfen? Wie erwehrt man sich eines drachenreitenden und mit den Händen fischenden Schutzpatron, der verliehene Halbinseln mit herrlichen, von Kriegsschiffen besiedelte Häfen zurück haben will? Um die russische Mehrheit auf der Krim vor Kiewer Nationalisten zu schützen, glieder man das Gebiet kurzerhand.

Natürlich, wo sich eine Revolution auf offenen Plätzen abspielt, besteht immer die Gefahr, dass faschistische Visionäre ihre Fäuste schwingen und mit denselben zum Beispiel Rundfunkchefs aus dem Amt winken. Kann man auf sowas überhaupt angemessen reagieren?
Die Angliederung der Krim an Russland geschah ganz schnell. Schön demokratisch sogar, per Volksabstimmung. Zumindest wenn Demokratie bedeutet, dass ich ein Rathaus besetzen und dann das Volk über den weiteren Verbleib einer Region befragen kann. Und Schwuppdiwupp – gehört man zur Russischen Föderation. Wieso lang verhandeln. Und als Bonus gibt’s einen Haufen ukrainischen Altmetalls, die in Sewastopol neben den russischen Schiffen vor Anker liegende Marine. War früher sowieso alles russisch.

Ich will gar nicht erst anfangen, irgendwie rational zu argumentieren. Im Grunde reden sowieso wieder fast alle aneinander vorbei. In Europa kann man nur schwer nachvollziehen, dass die meisten Russen Putin lieben, weil er so ist wie er ist. Und dass Revoluzzerinnen wie Pussy Riot die meisten Einwohner Russlands eher kalt lassen. Hierzulande wurden die ersten Diskussionen schon gestartet, Botschafter wurden geladen, Expertinnen und Experten durften Stellung beziehen. 
„Stellung beziehen“ – das werden letztendlich sowieso nur die Amerikaner, und zwar mit ihren Raketenabwehrschirmen in der Ukraine, die ab dann europäischer denn je sein wird. Und da Putin das nicht leiden kann, hält er wacker dagegen. So erklären sich die beiden mutmaßlich mächtigsten Männer der Welt, Barack und Wladimir, gegenseitig das Völkerrecht und ihre jeweilige Auslegung. 
Und im Westen glauben immer noch einige wenige, dass es um mehr ginge als nur um Öl und Gas.

Vielleicht wird es nur noch wenige Wochen dauern, bis die gute alte Weltordnung wieder hergestellt ist: „Der Russe“ ist wieder da. Und plötzlich nehmen wir all die kleinen Maßnahmen hin, die doch nur für unsere eigene Sicherheit da sind. Denn gerne schließen wir uns Franz Josef Wagner an, der irgendwann letztes Jahr in der BILD erklärte: „Ich mag die Überwachung, sie ist ein Schutz. Ich bin lieber überwacht als tot.“ Recht hat der Mann. Oder?
Wir sollten froh sein über die aktuellen Vorkommnisse und den Weg, den sie nehmen könnten. Immerhin wird jedes Schießgewehr, jede Patrone und jedes Panzerfahrzeug, das Putin auf der Krim stiehlt, von unserer bundesdeutschen Waffenindustrie wieder angeschafft. Es geht bergauf mit der Wirtschaft Europas. Zumindest was die Rüstung angeht. Und zumindest für Deutschland.

Es herrscht Unsicherheit. Und das, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ist ein Grund zur Freude…

Samstag, 15. März 2014

Teil 7: Maskat zwischen Alt und Neu

In meinem letzten Beitrag möchte ich noch ein bisschen was von Alt-Maskat zeigen. Südlich von Matrah liegt die ursprüngliche Wiege der Stadt, weitab der wirtschaftlichen und administrativen Zentren im Nordosten. Dafür findet sich hier neben weißen Häusern auf braunem Grund einer der sieben Paläste des Sultans sowie das Finanzministerium des Oman, zwischen mehreren portugiesischen Festungstürmen und den üblichen spitzen Felsen.


Der Palast stellt einen ziemlichen Kontrast zur Altstadtkulisse dar.


In Alt-Maskat sollte man auf jeden Fall mal einen kleinen Snack gegessen und einen Spaziergang entlang der Hauptstraße gemacht haben. Wer sich einen wirklich umfassenden Überblick über die omanische Kultur mitsamt ihrer Trachten, Krummdolche und Jubiläumsbriefmarken machen will, darf das Bait az-Zubayr auf keinen Fall verpassen. Ein modernes Museum, gut sortiert und ausreichend auf Arabisch und Englisch beschriftet. Anders als im ebenfalls sehr modernen Bait al-Baranda in Matrah, das von den meisten Besuchern als besonders sehenswert angepriesen wird, findet man hier weniger Beamer und Halbdunkel, sondern authentische Darstellungen eines reichen kulturellen Erbes in lichtdurchfluteten Räumen. Leider ist das Fotografieren nicht gestattet, deshalb müsst Ihr wohl selbst mal hingehen und es euch anschauen…
Und draußen heißt einen Sultan Qaboos willkommen – wie fast überall im Land.


In Alt-Maskat findet sich auch das Omani French Museum, das wir nicht besucht haben, in dem Gebäude des ehemaligen französischen Konsulats.
Matrah ist sehr geschäftig, Alt-Maskat hingegen hat die Ruhe weg. Hier versammeln sich abends die Kinder und Jugendlichen der Nachbarschaft zum Fußballspielen, die älteren Herren sitzen auf Parkbänken und beobachten das Treiben.

Auf dem Rückweg ins Hotel kamen wir an der Küstenstraße noch an einem Ort vorbei, an dem man wunderbare Fotos machen kann vom Hafen in Matrah. Der Sonnenuntergang tat dann das Seinige, um die Berge im Hintergrund in ihrem Dunst irgendwie geheimnisvoll erscheinen zu lassen.


Und so ging der Oman-Urlaub mit meiner Familie langsam auch zu Ende. Da ich schon vor den anderen angekommen war, flog ich auch fast einen Tag später in Richtung Frankfurt. Somit hatte ich einen freien Tag. Meine letzten Stunden verbrachte ich in Matrah beim Teetrinken, überlebte die ereignislose Mittagspause und brach dann nach ein bisschen Souvenir-Shopping auf zum Flughafen. Bilal, mein Taxifahrer, liebte omanische Marschmusik. Der erste seiner Sorte, den ich getroffen habe. Er hat die Melodie mitgesungen, als wir uns durch den abendlichen Feierabendverkehr gedrängelt haben, vorbei an den Diplomatenvierteln und den Malls. In einigen großen, aber nicht abgehobenen Einkaufszentren kann man abends gut und günstig essen. Im Roadside Diner trifft sich die junge Generation, zu moderner Musik, im Halbdunkel. Alkohol braucht hier niemand. Auf den vollen Parkplätzen am Rand der Schnellstraße sitzen junge Männer in offenen Kofferräumen, der eine oder andere demonstriert die Leistungsfähigkeit seines Motorrads. Mein Taxi rauscht vorbei. Ein letzter Blick auf die Lichter der Ministerien und der Oper, die an der Autobahn zum Flughafen stehen, dazu die Geräuschkulisse von teuren Autos und Militärmärschen. Irgendwie surreal. Erst am Flughafen, als ich mir zwischen den hunderten Indern, die nach Delhi, Hyderabad und Chennai flogen, einen Platz suchte, kam ich wieder in der Realität an – und nach Station in Abu Dhabi und Frankfurt am Main dann schließlich auch wieder in meiner schwäbischen Heimat… :)

Ich hoffe, ich konnte bei einigen von euch das Reisefieber wecken und ein paar Eindrücke eines Landes vermitteln, das faszinierend, ziemlich sauber und irgendwie… anders ist.

Freitag, 14. März 2014

Teil 6: Urlaubsparadiese

So, und nun möchte ich meine Leser mal mit ein wenig traditionellem Urlaubsfeeling anstecken. Im Oman kann man sich nämlich auch aller von mir favorisierten alten Hausfassaden und Lehmfestungen wunderbar in der Sonne brutzeln lassen. Einigen ist wahrscheinlich das Al Bustan Palace ein Begriff, das mit fünf Sternen gekrönte Ritz-Carlton Hotel etwas südlich von Maskat. Eine Übernachtung in diesem Palast, in dem die Empfangshalle schon 38 Meter hoch ist, kostet bis zu 450 €.


„Normale“ Menschen wie Du und ich können in der Lobby gemütlich einen Kaffee trinken – was wir auch gleich gemacht haben. Arabischer Tee, Kaffee mit Gebäck und kreative Lachs- oder Gurken-Sandwiches sind nicht gerade billig, aber doch nicht unerschwinglich. Und in diesem Umfeld schmeckt es noch gleich viel besser.


Das Al Bustan Palace Hotel wurde 1985 anlässlich eines Treffens des Golfkooperationsrates gebaut und 2008 aufwändig renoviert. Die Inneneinrichtung der Lobby verweist wieder auf die Verbindung zwischen Tradition und Moderne, die Verbundenheit zum islamischen Erbe wird durch die Dekoration an vielen Stellen deutlich.


Im August kann man hier auch schon für 200 € die Nacht einziehen – allerdings ist dieser Monat für Oman-Reisen nicht wirklich zu empfehlen. Die Temperaturen erreichen hier mitunter Spitzenwerte von bis zu 47 Grad…!

Natürlich kann man in und um Maskat auch anders nobel wohnen. Mein Vater musste als Reiseveranstalter natürlich gleich mal alle relevanten Hotelanlagen auschecken. Und auch ich schaue mir gerne an, wo ich wohnen könnte – wenn ich könnte.
Da gibt es noch die Shangri-La-Hotelkette mit dem Al-Husn oder dem Al-Bandar. Die Anlage besteht aus drei Hotels mit jeweils eigenem Strand, guten Restaurants und sogar einem sogenannten Oman Heritage Village – ein Nachbau typisch omanischer Architektur. Für alle jene, die keine Fuß vor ihren Tempel der Erholung setzen wollen…


Zentraler in Maskat liegt das Crowne Plaza, von dem es sogar einen Shuttle-Service in die historischen Stadtzentren gibt.



Gemütlicher und heimeliger ist da die Villa Shams, in der wir „residiert“ haben. Hier nur ein kleiner Eindruck.



Doch wie wäre es mal mit ein paar Bildern vom Meer? Voilà, der Indische Ozean.


Und baden kann man natürlich auch ohne den Privat-Strand irgendeines Hotels. 

Teil 5: Ausflüge ins Hinterland

Wo Benzin so billig ist, kann man sich auch eine Fahrt durch die Berge leisten. Das Hinterland der Region Maskat bietet neben frisch geteerten Straßen auch ein unglaubliches Panorama. Hier kann ich endlich noch ein paar Bilder loswerden…


Wir machen uns auf den Weg nach Nizwa, einer uralten Oasenstadt. Dort wird jeden Freitag der Viehmarkt abgehalten, wo Kühe, Ziegen und Schafe begutachtet werden und dann manchmal den Besitzer wechseln. 

Pickups und Transporter mit größeren Ladeflächen kommen aus den umliegenden Ortschaften und bevor die Mittagshitze ins Unerträgliche steigt, werden die Geschäfte abgewickelt. Um 11.30 Uhr ist wieder Schluss.


Nizwa ist Anziehungspunkt für Oman-Besucher. Der Viehmarkt, der große Souk und die Festung aus dem 17. Jahrhundert bieten gute Fotomotive und vor allem Originalität. Trotz vieler Besucher geht das Leben in der Stadt seinen Gang. Abseits der touristischen Marschroute zwischen Souk, Fort und einigen Souvenirläden kann man einen authentischen Kaffee auf einem orientalischen Plastikstuhl in einer schmucklosen Bude genießen.


In diesen bergigen Regionen am Rand zur Wüste kann man vor allem die größeren und kleineren Oasenstädte abklappern, die mit einer Vielzahl von Lehmfestungen oft ähnliche, aber immer wieder faszinierende Motive bilden.


Interessant ist, dass im Oman in den letzten Jahrzehnten ein Bauboom eingesetzt haben muss, denn an den größeren Überlandstraßen hat man stets eine gute Sicht auf die Vielzahl von Einfamilienhäusern, die überall entstehen. Jedes dieser Häuser ist anders und ein gewisser guter Geschmack macht sich bemerkbar. Verschiedenfarbige, meist ein oder allerhöchstens zweistöckige Anwesen, umschlossen von einer Mauer. Fast alle haben einen turmähnlichen Aufbau in ihrer Mitte. Dabei handelt es sich um einen Windturm – ein Bauelement, das ursprünglich aus Persien stammt und ursprünglich der Belüftung des Hauses diente. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das heute noch so funktioniert oder ob diese Türme einfach als traditionsreiches architektonisches Charakteristikum dienen. In Abu Dhabi gibt es z.B. auch „Windtürme“, in denen heute allerdings die Heizungsanlage untergebracht ist…


Auf dem Weg durch das westliche Hadschar-Gebirge stößt man auf viele der schon erwähnten Festungen. Zuerst haben wir das Fort von Nakhl besucht, das am Rande einer Oase mit warmen Quellen liegt. Einzelne Räume sind beschrieben und größtenteils sogar möbliert, sodass man nachvollziehen kann, wo sich einst das Zimmer des Walī, des Gouverneurs, befand und wo der Lagerraum für die Datteln. Diese Festung ist auch Ziel zahlloser Busse, die europäische Touristen auf Landgang aus Maskat hierher bringen. Uns sind ca. 150 Spanier und Franzosen von der MSC über den Weg gelaufen.


Am eindrucksvollsten ist die gewaltige Burg von Rustaq.


Sie ist frisch restauriert und war zu unserem Erstaunen völlig frei von ausländischen Besuchern. Anders als in Nakhl sind die Räume und Gänge so angelegt, dass man sich in einem Labyrinth verlaufen kann. 


Die Burg ist außerdem viel größer. Sie liegt an einer Wasserquelle, über der sich ein innenhofartiger Schacht befindet und zu der man über eine Treppe hinuntersteigen kann. Wir sind allerdings weiter nach oben gestiegen und haben die Krone des Turms erklommen.


Alles in allem sehr beeindruckend. Eine Fahrt quer über Land lässt spüren, dass der Oman in seinem Inneren mit seinen Oasen einen irgendwie anderen Charakter hat als in den Küstenstädten. Zudem ist man hier noch weniger den Anblick von Touristen gewohnt. Es ist aber sehr angenehm, dass Fremde im Oman eigentlich nie angestarrt und/oder belästigt werden. Das Leben geht auch mit den wenigen Touristen, die sich mittlerweile ins Landesinnere verirren, normal weiter. Freitags strömen die Menschen zum Gebet in die Moschee – zu Fuß oder mit dem Auto. Die Parkplätze und freien Stellen vor den größeren Moscheen sind belegt. Als das Freitagsgebet zu Ende ist, kann man an den Ortsausgängen schon fast von Stau oder zumindest stockendem Verkehr sprechen.
Die Berge, die verschiedenen Farben bei unterschiedlicher Sonneneinstrahlung, die Palmenhaine – eine beeindruckende Mischung aus grün, grau und braun. Und immer wieder lehmige Festungen, Zeugen aus islamischer und vorislamischer Zeit.


Und: Ab und zu sogar mal ein Kamel!


Donnerstag, 13. März 2014

Teil 4: Multikulti in Maskat

Im Oman treffen sich die Kulturen. Über die Jahrhunderte wurde das Land auf der Arabischen Halbinsel von verschiedenen Einflüssen geprägt. Die arabische Stammeskultur dominiert das Hinterland, in den Hafenstädten konnten auch Kaufleute vom indischen Subkontinent Fuß fassen.

Die Sultan-Qaboos-Moschee























Die Bewohner des Oman sind heute eine bunte Mischung. Die meisten einheimischen Araber, etwa 75% der ca. 3,1 Millionen Einwohner, gehören den Ibaditen an. Diese Konfession lässt sich weder in die sunnitische noch in die schiitische Richtung des Islam einordnen. Sie ist der letzte Überrest der Charidschiten, die sich nach dem Tod des dritten Kalifen Uthman vom Rest der Muslime abspalteten. Mit der Sultan-Qaboos-Moschee setzte der Regent seiner Religion ein Denkmal.


Doch das gewaltige Gotteshaus steht auch symbolisch für den Aufschwung des Landes. Sultan Qaboos übernahm 1970 die Macht im Oman und einigte zerstrittene Stämme. Er errichtete ein Sultanat und unterzog es einer Reihe von Reformen und Modernisierungen. In der Regierungszeit seines Vaters gab es im ganzen Land nur eine einzige geteerte Straße, Krankenhäuser waren nur in Maskat zu finden. Ein Bildungssystem war quasi nicht vorhanden. Der neue Sultan schaffte es, den Oman in wenigen Jahrzehnten in einen modernen Staat zu transformieren, der die Balance zwischen Tradition und Fortschritt hält und auch nach der Entdeckung von Erdöl nicht in dekadentes Verschwendertum abdriftete. Heute gibt es in jeder Ortschaft zumindest eine medizinische Erstversorgung, die Universitäten sind voll, Mädchen und Frauen erfahren die gleiche Bildung wie Männer.

Ursprünglich galten die Ibaditen als sehr konservativ, doch heute zeichnet sie vor allem ihre Friedfertigkeit aus: Sultan Qaboos lehnte offen Gewalt und Intoleranz ab. Diese Einstellungen entsprächen nicht dem Wesen des Islam. Im Oman leben heute dank der ibaditischen Prägung des Landes verschiedene Religionen und Konfessionen friedlich miteinander. Es gibt auch christliche Kirchen und hinduistische Tempel, die neben religiöser Toleranz auch für das omanische Multikulti stehen.

Multikulti im Oman

Heute leben etwa 600.000 Gastarbeiter aus Indien, Pakistan und Bangladesch im Oman. Doch auch viele alteingesessene Omanis haben Vorfahren aus Ostafrika oder Belutschistan. In Maskat wird die iranisch-pakistanische Herkunft vieler Städter sogar in der Tracht dokumentiert: Es gibt zwei wichtige traditionelle Kleidungsstile, Masqatī und Balūshī. Ein gutes Beispiel für die Beziehung zwischen dem Oman und dem indisch-persischen Raum ist Viertel Lawatiya in Matrah, über das ich schon geschrieben habe.


Vor allem was die Küche angeht, findet man im Land ein nahezu unerschöpfliches Sammelsurium von Speisen unterschiedlicher Herkunft. An jeder Straßenecke kann man indische Snacks kaufen, frittierte Teigtaschen, gefüllt mit Gemüse, Kartoffeln und manchmal mit Huhn. Doch vor allem Vegetarier kommen hier auf ihre Kosten.


In Restaurants überwiegt jedoch meist die libanesische Küche. Restaurants mit traditionell omanischem Essen sind extra als solche gekennzeichnet. In Maskat findet man von Fisch bis Fleisch alles, hungrige Mägen werden auf jeden Fall gefüllt – und das meist auch noch sehr preiswert.

Auch architektonisch haben verschiedene Kulturen ihre Einflüsse hinterlassen. In Matrah findet man typisch islamische Baustile, die jedoch nicht immer typisch arabisch sind (s. Lawatiya). Verlässt man den Souk landeinwärts, so stößt man bald auf eine Moschee mit einem wunderschönen Minarett, die ganz und gar nicht arabisch aussieht. Auch hier macht sich der Baustil des indischen Subkontinents bemerkbar.

Teil 3: Lawatiya

Im letzten Eintrag habe ich meine ersten Eindrücke von Matrah beschrieben. Heute möchte ich noch kurz ein wenig ins Detail gehen und etwas über das Viertel Sūr al-Lawatiya schreiben, das inmitten von Matrah an der Corniche liegt. Ich fand diesen Stadtteil äußerst bemerkenswert, weil er für Fremde (auch für mich) unzugänglich ist. Das war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts so und ist es bis heute. Die schönen weißen Fassaden mit den hölzernen Balkonen wecken aber das Interesse der vorübergehenden Touristen.


Die Hafenpromenade von Matrah wird dominiert von einer großen Moschee mit blauer Kuppel. Es ist die schiitische „Moschee des Großen Propheten“. Die meisten Omanis sind Ibaditen, doch in Lawatiya leben laut Reiseführer seit dem 16. Jahrhundert die Nachkommen pakistanischer Schiiten, die Khojas. Ihnen gehört diese Moschee, die im Laufe der letzten 500 Jahre immer wieder umgebaut und renoviert wurde, bis sie ihre heutige Gestalt bekommen hat. Der Eintritt ist nur Muslimen gestattet.
Die Khojas sind als einflussreiche Kaufleute bekannt. Im 19. Jahrhundert bildeten sie die wirtschaftlich und sozial bedeutendste Gruppe in Matrah und bewohnten vier Stadtviertel. Ihre Herkunft ist schwer nachzuvollziehen, da jeder Reiseführer und jede Quelle irgendwas anderes berichtet. Wahrscheinlich kamen sie aus den indischen Regionen Gujarat und Rajasthan sowie aus der Stadt Hyderabad. Bis heute sprechen die meisten von ihnen eine Sprache, die heute noch in Gujarat gesprochen wird.


Neben dem Gotteshaus führt eine Gasse durch das Große Tor (Bāb al-Kabīr) in das Viertel hinein. Es ist ein lehmfarbenes Stadttor, in dem ein älterer Herr sitzt und darauf achtet, dass keine ungewollten Gäste hineingehen. Im Tor hängen auch zwei Schilder mit der Aufschrift „Residential Area“ – Wohngebiet.


In der islamischen Kultur wird strikt getrennt zwischen Wohnen und Arbeiten. Die Wohngebiete sind traditionell eher abgeschottet und wahren die Privatsphäre der Familie. Das Lawatiya-Viertel ist ein gutes Beispiel hierfür: An der 150 Meter langen Häuserfront zur Promenade hin gibt es nur zwei Haustüren, ansonsten nur Fenster und Wand. Ich muss zugeben, Architektur fand ich in der Vergangenheit eher uninteressant. Seitdem ich mich aber für meine Bachelor-Arbeit ein bisschen mit islamischer Stadtarchitektur auseinandersetzen musste, achte ich neuerdings auf Fenster, Türen und die Anzahl von Stockwerken…
Lawatiya ist ein Vorzeigebeispiel für ein Wohnviertel nach islamischem Modell. Viele der männlichen Einwohner arbeiten im benachbarten Souk, wo sie bis 1990 den Handel dominierten. Vom Souk aus könnte man Lawatiya gut erreichen, würden nicht auch hier ältere Herren am Eingang einer Gasse wie zufällig sitzen und Ausschau nach Touristen halten. Von der Corniche aus gelang es mir einmal, in eine Gasse hineinzuschauen. Aber wie fast schon erwartet – sah man nicht wirklich viel.


Abends erklingt auch vom Minarett der großen Moschee aus der islamische Gebetsruf. Hier beginnt der Muezzin etwas später zu singen als bei den umliegenden Moscheen, fiel mir auf. Auch klingt sein Gesang innbrünstiger als der der anderen. Da die Khojas ismailitische Schiiten sind, wird im Gebetsruf neben dem Bekenntnis zu Gott und zum Propheten Muhammad auch der Kalif Ali erwähnt. Er wird von den Schiiten als einziger rechtmäßiger Nachfolger des Propheten angesehen.


Wenn man sich ein wenig mit den Hintergründen beschäftigt, fallen einem schon allein in Matrah die verschiedenen Kulturen und Prägungen auf, die hier Einfluss genommen haben. Die Omanis als Seefahrernation sind viel im Indischen Ozean herumgekommen und Maskat war Anziehungspunkt für Händler aus aller Welt. Ein bisschen Multikulti (Teil 4).

Mittwoch, 12. März 2014

Teil 2: Matrah - Souk und Hafen

Die erste Orientierung in Maskat gestaltet sich etwas schwerfällig. Die einzelnen Stadtteile liegen getrennt voneinander zwischen bräunlich-felsigen Bergen, man kommt am besten mit dem Taxi von einem Ort an den anderen. Meine erste Erkundungstour durch die Stadt führt mich an das alte Handelszentrum von Maskat, nach Matrah. Hier liegt einer der größten Häfen der Region, zwischen vierhundert Jahre alten Festungen aus portugiesischer Zeit, die auf den Felsen im Osten und Westen der Bucht auf den Felsen thronen. 

Teil 1: Ankunft in Maskat

Mein alljährlicher März-Urlaub führte mich dieses Mal in den Oman. Mit meinen Eltern und meiner Großtante verbrachte ich eine Woche in diesem geheimnisvollen Sultanat am oberen Zipfel der arabischen Halbinsel. Ich war später dazu gebucht worden und flog deshalb separat, während die anderen erst noch zwei Tage in Dubai verbrachten. Ich machte mich auf direktem Weg auf in den Oman – über Stuttgart, Frankfurt und Abu Dhabi. Dann kam ich in Maskat an…

Oman-Reihe 2014

Liebe  Leserinnen und Leser,

ich bin mittlerweile zurück aus meinem einwöchigen Urlaub im Oman und arbeite jetzt an einigen Blogeinträgen, die ich dann nach und nach hier veröffentlichen werde. Eigentlich wollte ich es dieses Mal kurz halten, doch dieses doch mehr oder weniger unbekannte Land am östlichsten Zipfel der Arabischen Halbinsel bietet eine faszinierende kulturelle, religiöse und kulinarische Mischung, sodass ich doch mehrere Einträge schreiben muss. Auf diesem Weg kann ich außerdem auch ein paar mehr Bilder zeigen.

Viel Spaß beim Lesen!

Euer Thorschten.