Montag, 28. Februar 2011

Jerusalem Live Report

Schalom, Salaam und Herzlich Willkommen!

Die letzte Woche habe ich hier in Israel verbracht und bin quer durch Land gereist. Vom bergig-kühlen Jerusalem zum angenehm warmen Toten Meer, zum See Genezareth und bis auf die Golan-Höhen. Die letzte Etappe führte mich durch Galiläa nach Akko am Mittelmeer. Ein letzter Halt in Tel Aviv, dann ging es zurück zu meinem Anfangspunkt: Jerusalem.

In den nächsten Tagen will ich die Westbank erkunden und einen Einblick bekommen, welche Auswirkungen der Nahostkonflikt auf das tägliche Leben der Menschen hier vor Ort hat. Dazu will ich neben Ostjerusalem auch einige Städte im Palästinensergebiet besuchen, wie etwa Ramallah und Hebron.

Gerade im Hinblick auf die politische Situation bildet Israel eine sehr unübersichtliche Landschaft. In Jerusalem ist man am Brennpunkt. Der Streit um Heilige Städten und grundsätzliche Existenzansprüche hat zwischen die Menschen einen Keil getrieben. Der arabische Falafelverkäufer redet nur ungern Hebräisch mit seinen Kunden. Doch auf der Ben Yehuda Street trifft man mittlerweile auf Araber und jüdische Israelis gleichermaßen, ebenso im jüdischen Schuk. Als ich Israel letztes Jahr im August verlassen habe, ist mir das nicht aufgefallen. Vielleicht überwindet die Zeit auch hier so
manche Grenze, auch wenn politische Konflikte heute mehr denn je aktuell sind. Ein Symbol des orientalischen Lebensstils ist die neue Straßenbahn, die mittlerweile die Stadtteile von Ost- und Westjerusalem verbindet. Doch sie fährt leer. Die Sitze sind mit Polsterfolie überzogen. Erst wurde Jahre lang gebaut, eine Straße nach der anderen gesperrt, verschient und wieder überteert, nun fährt die Bahn Testfahrten. Rund um die Uhr. Doch alles braucht hier seine Zeit.

Palästinensische Protestplakate vor dem Damaskustor


Am Toten Meer sind russische Touristen vorherrschend und israelische Männer, die sich nach dem Armeedienst eine Wasserpfeife im S
alzsee gönnen - und reichlich Bier, wenn auch weit weniger als in Deutschland. Die Straße von Ein Gedi nach Tiberias am See Genezareth führt durch Teile der Westbank, vorbei an Jericho, an arabischen Feldarbeitern und jüdischen Siedlungen. Vorbei an israelischen Bushaltestellen, vor denen sich Betonquader befinden, zum Schutz vor eventuellen Schussattentaten und Kampfhandlungen. Hier und da brennt ein Abfallhaufen. Das Bild ist ein anderes als sonstwo in Israel. Die Menschen hier sind ärmer, die Atmosphäre ist gespannter - so scheint es für den touristischen Betrachter.

Der See Genezareth liegt im Dunst. Hier herrscht eine Stimmung, die dem Reisenden ein wenig Entspannung bietet vom Rummel in Jerusalem. Auf den Spuren Jesu zu wandeln in Kapernaum und den Hängen, wo die Bergpredigt stattfand, hat nicht nur für italienische und ukrainische Pilger seinen Reiz. Am See Genezareth ist Erholung spürbar - aber Erholung hatten wir schon in Ein Gedi. Auf geht's auf den Golan. Hier stehen die Panzer vergangener Schlachten - und wer auf der richtigen Straße fährt, kommt sogar an einem "Parkplatz" für aktives Kampfgerät vorbei. Ein einsamer Soldat steht im Regen und verneint die Frage, ob man fotografieren darf. Die Straße führt weiter, etwa 4 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. An einigen Stellen hat man Aussicht auf den See. Gigantisch.


Die hotelähnliche Jugendherberge am See wird am Morgen von einer arabischen Putzkolonne geputzt. Eine der Schattenseiten der israelischen Gesellschaft: Die niedrigbezahlten Jobs werden meistens von Arabern oder Neueinwanderern aus Äthiopien erledigt.

Auf der Fahrt durch Nordgaliläa kommt man an vielen arabischen Dörfern und Kleinstädten vorbei. Im Gegensatz zu Südgaliläa sind diese jedoch eher schlicht und machen einen schäbigen Eindruck. Das Bild ist also vielseitig. Neue, bunt gestrichene Häuser gegen unfertig wirkende, graue Bauten. Auf arabischer wie auf israelischer Seite.

Das Küstenstädtchen Akko bietet ein sehr angenehmes Bild. Die Altstadt mit ihren Moscheen, Kirchen und Synagogen, dem Hafen und den mächtigen Mauern ist einen Besuch wert. Der Basar gleicht dem in Jerusalem, nur nicht so hektisch, so touristisch - und mit mehr Fisch. Interessant ist jedoch vor allem die Einkaufstraße außerhalb der Altstadt. Hier begegnet man Musliminnen mit Kopftuch, ebenso wie Russisch sprechenden Israelis. Ein Soldat läuft mit einem Araber durch die Straße. Israelis machen ihre Einkäufe - jüdische wie arabische. Und es fehlt die Feindschaft, die strikte Trennung der beiden Gruppen, wie man sie in Jerusalem vielerorts erfährt.


Die Al-Jezzar-Moschee von Akko


Haifa liegt als nächstes auf dem Weg. Hier läuft der Handel über See zusammen. Endlich bekommt man einmal Industrie zu sehen. Doch Haifa hat noch mehr zu bieten: Hier liegen die Baha'i-Gärten am Hang des Karmel, gleich oberhalb der deutschen Templersiedlung. Die Baha'i sind eine eigene Religionsgemeinschaft, und die Gärten sind ein fantastischer Ruhepol. Die Aussicht vom Karmel, dem Berg, der sich über Haifa in die Länge zieht, ist (bei klarer Sicht) atemberaubend.



Tel Aviv ist eher schlicht. Eine israelische Großstadt, die nur mit Sonnenschein zu genießen ist. Doch der Optimist kommt auch hier auf seine Kosten.

In den nächsten Tagen werde ich näher über die Jerusalemer Umgebung berichten. Morgen starte ich meinen Ausflug nach Ramallah und hoffe, dort reichlich Fotomaterial zu finden...

Freitag, 18. Februar 2011

Abwesenheitsnotiz: ISRAEL Tour 2011

Liebe Leser,

in den nächsten zwei Wochen bin ich in Israel unterwegs und werde versuchen, Sie/Euch auch von dort auf dem Laufenden zu halten. Ab dem 28. Februar wird es exklusive und aktuelle Beiträge aus dem Land zwischen Jordan und Mittelmeer geben.

Also:
Zwischen 28. Februar und 3. März berichtet Thorschten live aus Jerusalem, Ramallah und Hebron!




Was geht da vor, Karl-Theodor?

Diese Frage stellten wir uns in den letzten Monaten des Öfteren. Der adlige Thronanwärter kommt von einer Feuerprobe in die nächste - angefangen hatte es mit der Affäre um die Luftangriffe von Kunduz 2009. Diese Angelegenheit hatte er jedoch von seinem Vorgänger geerbt. Eine stürmische Zeit für den Verteidigungsminister. Doch es wurde nicht besser. Die "Gorch Fock" sorgte für Wirbel. Eine vertuschte Straftat in Afghanistan war das letzte, womit sich der Freiherr von und zu vor der Presse und vor dem Volk verantworten musste.
Das alles gehörte zum Dienst und konnte die Popularität des schon lange als Kanzlerkandidat gehandelten Strahlemanns der deutschen Politik nicht mindern. Zusammen mit seiner Frau stieg er zum beliebtesten Ehepaar der Bundesrepublik auf. Endlich ist Politik auch bei uns wieder attraktiv geworden. Amerikas Obama, dessen Glanz langsam zu verblassen beginnt, ist jetzt unser KT v. u. z. Guttenberg, kurz: Gutti.

So ein Höhenflug löst natürlich auch Neid aus. Ohne Beweise kann man keine Anklage erheben, doch es ist unumstritten: Die neusten Plagiatsvorwürfe gegen eben diesen Guttenberg kommen der Opposition durchaus gelegen. Während kurz vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg die Grünen und die SPD an Schwung verlieren und die CDU ihren Sitz im Sattel wieder festigt, sorgt die Meldung über eine fehlerhaft zitierte Doktorarbeit für Verwirrung. Sogleich fordern Linke und Grüne einen Rücktritt. Und hier beweist KT, dass er die Diplomatie der Politik beherrscht: Er weist die Vorwürfe zurück, lässt seinen Doktortitel jedoch kurzerhand ruhen.

Und hier wird der Unterschied zwischen Politikern der Alten Schule und jenen der Neuen deutlich: Wer Anschuldigungen, Konfrontationen und Ungereimtheiten zurückweist - nach dem Motto: "Ihr könnt mir gar nichts!" - sieht am Ende des Tunnels schon lange den Rücktritt. Und hier ist auch schon das Stichwort: Tunnel. Herr (noch) Ministerpräsident Mappus (BaWü) hat beim Thema Stuttgart 21 überhaupt kein Geschick bewiesen. Auf die Vorwürfe, man würde mit Stuttgart 21 ein schlecht geplantes Milliardengrab unterstützen, reagierte Mappus mit ungeschickter Starrheit. Was Baden-Württemberg gebraucht hätte, wäre ein starker Mann gewesen, der sich kompromissbereit, aber zielstrebig gibt. Und zwar ungefähr so: "
Leute, rafft euch auf! Zwar ist bis jetzt nicht alles so super gelaufen, aber wir schaffen das schon. Ihr denkt, dass es zu gefährlich ist, wenn sich Schienenstrecken kreuzen? Ihr denkt, dass es nahezu unmöglich ist, so ein heikles Projekt sicher und nachhaltig zu konstruieren? Dann frage ich euch: Wo wurde das Auto erfunden? Wo schlägt das Herz der deutschen Ingenieurkunst? Wo kann man Stuttgart 21 bauen, wenn nicht in Stuttgart??"
Aber was hat Mappus getan? Er hat die lange verschollenen EnBW-Aktien aufgekauft. Ein neues Milliardenprojekt, bei dem der Bürger nur gewinnen kann. Nur schade, dass es wie gewöhnlich teurer wurde als geplant und zudem aus demokratisch-parlamentarischer Sicht ein illegaler Alleingang unseres Landesfürsten war.

Fazit: Guttenberg wäre wohl der bessere Mappus. Doch mit der Diskussion über eine nicht sauber zitierte Doktorarbeit hat auch auf Bundesebene der Wahlkampf begonnen.

Montag, 14. Februar 2011

Pallywood auf Youtube aufgedeckt

Dieses zweiteilige Video ist zwar schon etwas älter, aber es zeigt immer noch eine sehr interessante Wahrheit. Das Video ist auf Englisch.

Teil 1

Teil 2

Dienstag, 8. Februar 2011

Kurtlar Vadisi: Filistin

Eine kleine Reaktion auf den neusten Knüller... (An dem Abend war ich echt übel drauf.)



Der Film war von vornherein sehr umstritten. Nach einigem Zögern wurde er dann dennoch in deutschen Kinos zugelassen, allerdings ohne Jugendfreigabe. Zu gewalttätig für eine Gutenachtgeschichte. Doch wen hält das heutzutage noch ab? Die Jugend fand ihren Weg in den Kinosaal.

Die Millionenproduktion aus der Türkei trägt den Namen Kurtlar Vadisi: Filistin (dt. Tal der Wölfe – Palästina) und ist einer von mehreren Filmen, die Krisengebiete im Nahen Osten als Schauplatz haben. Die Handlung ist schnell umrissen: Ein türkisches Killerkommando unter der Führung der billigen James-Bond-Imitation Polat Alemdar reist nach Israel, um den Verantwortlichen für den Zwischenfall auf der Gaza-Flotte im Mai 2010 zu töten. Das Ziel ist Mosche Ben Eliezer, ein gewissenloser, Zigarre rauchender israelischer Armeekommandeur, der mit Munition handelt und bevorzugt Jagd auf Palästinenser macht. Es ist nicht übertrieben: Ben Eliezer ist der Teufel in Person. Er verkörpert hier das gesamte israelische Regime. Im Laufe des Films verliert er durch Alemdar ein Auge, was seine Rachegelüste schürt und ihn mit einer Augenklappe noch furchteinflößender erscheinen lässt. Es entsteht eine verblüffende und garantiert nicht ungewollte Ähnlichkeit mit dem längst verblichenen General Mosche Dajan, dessen Bild vor allem für den Sechstagekrieg 1967 steht.
An Dialogen hat Kurtlar Vadisi Filistin nicht allzu viel vorzuweisen. Der zynische Humor des Hauptakteurs sorgt im Publikum für heiteres Gelächter, doch im Grunde bewegt sich Polat Alemdar hauptsächlich an der Oberfläche. Und dann geht auch schon das Geballere los: Der Actionheld und seine Gefährten töten jeden israelischen Soldaten mit einem gezielten Schuss zwischen die Augen, aus jeder denkbaren Entfernung. Es wird praktisch auf alles geschossen, was eine israelische Uniform trägt. Mitten in der Jerusalemer Altstadt. Die Israelis schießen zurück, natürlich auf hauptsächlich unbewaffnete Palästinenser. Während des ganzen Films soll der Bleigehalt in der Luft übermäßig hoch bleiben, es wird geschossen wo es nur geht. Und Alemdar trifft sie alle.
Der Produzent hat an alles gedacht. Sogar die gewissenhafte Quoten-Jüdin ist dabei: Die naive Simone, eine amerikanische Fremdenführerin, gerät zwischen die Fronten und sympathisiert mit den Killern. Der Film braucht sie als Strohhalm für eventuelles kritisches Publikum, dem man zurufen will: „Wir hassen nicht die Juden, wir hassen die Tyrannen!“ – womit jene Israelis gemeint sind, die auf ihre Existenz beharren.
Wie also konnte im Vorfeld der Deutschland-Premiere ein Verdacht aufkommen, der Film könnte antiisraelische oder gar antisemitische Ziele verfolgen? Das lag wohl mitunter daran, dass neben dem blutdürstenden und nunmehr einäugigen Mosche Ben Eliezer auch schlicht das Symbol des Judentums, der Davidstern, als Zielscheibe diente. Die Kommandozentrale der israelischen Armee war mit diesem Motiv nahezu zugepflastert. Auf jedem Panzer prangte ein blauer Stern auf weißem Grund. Das hat der Macher des Films gut recherchiert, denn einige Panzer der israelischen Armee tragen in der Tat Davidsterne – nur sind die rot und ausschließlich auf Sanitätspanzern zu sehen.
Gekonnt vereinigt der Film Fiktion mit Wahrheit. Die Armut im Westjordanland und die Tatsache, dass die israelische Regierung illegal errichtete Häuser räumen und abreißen lässt, vereinigen sich zu einem bizarren Bild: Ein gelähmtes Kind bleibt im Haus zurück, kriecht über den Teppich des Wohnzimmers. Doch die Tyrannen kennen keine Gnade und reißen das Haus ab. Israelische Soldaten schießen in diesem millionenschweren türkischen Machwerk mit Vorliebe auf Frauen und kleine Kinder. Vom Beginn des Filmes an wird vonseiten der Israelis auf Unbewaffnete geschossen, sei es auf der Mavi Marmara, in der Altstadt von Jerusalem oder im kleinen palästinensischen Dorf. Der in Kurtlar Vadisi Filistin dargestellte Typus des israelischen Soldaten kennt keine Gefühle. Alle Soldaten sind Teil des Systems, das vom Oberteufel Mosche Ben Elieser geführt wird, der vorsätzlich und gewissenlos mordet und quält.

Drei Plätze weiter links in meiner Reihe saß ein erwachsener Mann. Er hat geschluchzt, tief bewegt von dem was er sah. Emotionen kommen hoch während des Film. Dafür kann man durchaus Verständnis haben, aber die instrumentalisierte Übertriebenheit dieses Kinostreifens wird dadurch in keiner Weise gerechtfertigt. Es zeigt sich nur wieder einmal, wie beeinflussbar die Gefühle des Zuschauers sind, wenn man ihm etwas nur in der richtigen Verpackung verkauft.
Ich habe ja eine Ahnung davon gehabt, was dieser Film zeigt, und auch wie das Ende aussehen würde. Doch über die Reaktionen der Zuschauer war ich einigermaßen schockiert. Alemdar tötet das israelische Monster per Kopfschuss, die Kinobesucher klatschen und johlen. Mir selbst war an diesem Punkt eigentlich eher übel. Kurtlar Vadisi Filistin vereinigt antiisraelische Hasspropaganda mit Emotionen, Action und einer Spur flachen Humors. Und dem Publikum gefällt‘s. Wo bin ich hier? So lange ich auch suche, ich erkenne keinen Grund der rechtfertigt, warum ein solcher Film schließlich doch in deutschen Kinos gezeigt werden darf.

Ich bin Nichtraucher. Aber nach der Vorstellung verspürte ich das Verlangen nach einer Zigarette…