Freitag, 21. März 2014

Kalinka, kalinka

(„Muss man sich als Blogger eigentlich auch mal zum Thema Ukraine äußern?“ – „Eigentlich schon…“ – „Och Menno…“ – „In drei, zwei eins…“)

Oh… (räusper) – Liebe Mitbeobachterinnen und Mitbeobachter,

unser Außenminister hat in den letzten Monaten zahlreiche Grußworte gehalten, nicht selten zu Veranstaltungen mit Titeln wie „1914 – Versagen der Demokratie?“ Der Beginn des Ersten Weltkriegs ist hundert Jahre her. Man diskutiert, man gedenkt – und man rasselt wieder mit den Säbeln. Wie selbstverständlich wägt man in den Medien ab, ob es zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland kommen könnte. Ob die Ukraine genug Soldaten hätte und wo diese stationiert sind. Muss sich angesichts dieses Szenarios nicht jede/r gedenkende und geschichtsbewusste Europäer/in vor den Kopf gestoßen fühlen?

Doch was soll Europa anderes tun, als die Russen – oder sollte ich vielleicht eher sagen „den Russen“ – aus den G8 rauszuwerfen? Wie erwehrt man sich eines drachenreitenden und mit den Händen fischenden Schutzpatron, der verliehene Halbinseln mit herrlichen, von Kriegsschiffen besiedelte Häfen zurück haben will? Um die russische Mehrheit auf der Krim vor Kiewer Nationalisten zu schützen, glieder man das Gebiet kurzerhand.

Natürlich, wo sich eine Revolution auf offenen Plätzen abspielt, besteht immer die Gefahr, dass faschistische Visionäre ihre Fäuste schwingen und mit denselben zum Beispiel Rundfunkchefs aus dem Amt winken. Kann man auf sowas überhaupt angemessen reagieren?
Die Angliederung der Krim an Russland geschah ganz schnell. Schön demokratisch sogar, per Volksabstimmung. Zumindest wenn Demokratie bedeutet, dass ich ein Rathaus besetzen und dann das Volk über den weiteren Verbleib einer Region befragen kann. Und Schwuppdiwupp – gehört man zur Russischen Föderation. Wieso lang verhandeln. Und als Bonus gibt’s einen Haufen ukrainischen Altmetalls, die in Sewastopol neben den russischen Schiffen vor Anker liegende Marine. War früher sowieso alles russisch.

Ich will gar nicht erst anfangen, irgendwie rational zu argumentieren. Im Grunde reden sowieso wieder fast alle aneinander vorbei. In Europa kann man nur schwer nachvollziehen, dass die meisten Russen Putin lieben, weil er so ist wie er ist. Und dass Revoluzzerinnen wie Pussy Riot die meisten Einwohner Russlands eher kalt lassen. Hierzulande wurden die ersten Diskussionen schon gestartet, Botschafter wurden geladen, Expertinnen und Experten durften Stellung beziehen. 
„Stellung beziehen“ – das werden letztendlich sowieso nur die Amerikaner, und zwar mit ihren Raketenabwehrschirmen in der Ukraine, die ab dann europäischer denn je sein wird. Und da Putin das nicht leiden kann, hält er wacker dagegen. So erklären sich die beiden mutmaßlich mächtigsten Männer der Welt, Barack und Wladimir, gegenseitig das Völkerrecht und ihre jeweilige Auslegung. 
Und im Westen glauben immer noch einige wenige, dass es um mehr ginge als nur um Öl und Gas.

Vielleicht wird es nur noch wenige Wochen dauern, bis die gute alte Weltordnung wieder hergestellt ist: „Der Russe“ ist wieder da. Und plötzlich nehmen wir all die kleinen Maßnahmen hin, die doch nur für unsere eigene Sicherheit da sind. Denn gerne schließen wir uns Franz Josef Wagner an, der irgendwann letztes Jahr in der BILD erklärte: „Ich mag die Überwachung, sie ist ein Schutz. Ich bin lieber überwacht als tot.“ Recht hat der Mann. Oder?
Wir sollten froh sein über die aktuellen Vorkommnisse und den Weg, den sie nehmen könnten. Immerhin wird jedes Schießgewehr, jede Patrone und jedes Panzerfahrzeug, das Putin auf der Krim stiehlt, von unserer bundesdeutschen Waffenindustrie wieder angeschafft. Es geht bergauf mit der Wirtschaft Europas. Zumindest was die Rüstung angeht. Und zumindest für Deutschland.

Es herrscht Unsicherheit. Und das, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ist ein Grund zur Freude…

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