Donnerstag, 9. September 2010

Nahost-Friedensprozess (Wochenrückblick)

Wie kann es auch anders sein... Noch bevor der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am 29. August in Washington zu den erneuten Nahost-Friedensgesprächen gelandet war, wurde ihm die Nachricht über einen Anschlag der Hamas im Westjordanland übermittelt. An diesem Tag hatten Terroristen vier Israelis erschossen, die in der Nähe der Stadt Hebron mit ihrem Auto unterwegs waren. Netanjahu gab aber bekannt, dass er trotzdem an der Wiederaufnahme der Friedensgespräche festhalten werde.

Die Nahost-Friedensgespräche begannen am 3. September in Washington. Gastgeber ist US-Präsident Barack Obama. Geladen sind neben Premierminister Netanjahu auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie der ägyptische Präsident Hosni Mubarak und König Abdallah aus Jordanien.

Die Standpunkte der zwei Hauptparteien sind klar: Die Palästinenser fordern einen Abzug der Israelis aus allen jüdischen Siedlungen im Westjordanland sowie einen eigenen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Die israelische Seite fordert zu allererst die Anerkennung des Staates Israel. Weiter will man auf Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Volkes nicht verzichten.

Am 3. September wurden die neuen Verhandlungen eröffnet. Netanjahu zeigte sich bereit für Zugeständnisse, Abbas betonte, die Palästinenser seien bereit, alle ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Diese erste Gesprächsrunde ebnet den Weg für weitere Gespräche. Das nächste Treffen soll in Sharm el Sheikh in Ägypten stattfinden.
Netanjahu betonte vor einigen Tagen auch, dass er anstrebe, alle zwei Wochen ein Gespräch mit Palästinenserpräsident Abbas zu führen.

Hoffnungen auf einen andauernden Frieden? - Vielleicht. Aber ganz nüchtern betrachtet sollten wir uns keine allzu großen Hoffnungen machen. Zwar ist die Bereitschaft von offizieller Seite da. Doch wenn man alle Parteien separat betrachtet, sieht man den Putz bröckeln:
Benjamin Netanjahu regiert ein Volk, das alle paar Jahre einen Regierungswechsel braucht. Israel zu regieren ist schwer. Dazu kommt noch die Zusammenstellung seiner Regierung. Sollte er die Bautätigkeiten in den Siedlungen wieder aufnehmen, würden die linken Koalitionspartner aus der Regierung aussteigen. Sollte er den Siedlungsbau vollends stoppen, bekommt er Probleme mit dem rechten Flügel seiner Regierung.
Und Abbas? Mahmud Abbas steht zwar an der Spitze, aber sein Volk steht nicht hinter ihm. Er ist ein äußerst wackliger Vertragspartner. Und unter den Palästinensern im Westjordanland ist er umstritten. Und von einem "Präsident des ganzen palästinensischen Volkes" kann man ohnehin nicht sprechen: Die Hamas im Gazastreifen hält ihn für einen Verräter. Die Hamas lehnt das Existenzrecht Israels ab. Für sie gibt es nur einen Kompromiss: Entweder alle Juden verschwinden aus dem Land, das die Hamas als Palästina kennt, oder man werde Israel vernichten. Wo bleibt da Raum für Verhandlungen. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die Hamas als solche am Anfang ihres Bestehens von der israelischen Regierung äußerst positiv gesehen wurde - Sie bildete einen Gegenpol zu Yassir Arafats Fatah.
Was ist mit den "Beobachtern" in diesem Prozess? König Abdallah von Jordanien hat als Beduine auch nicht den vollen Zuspruch seines Volkes, das sich mehrheitlich als Palästinenser versteht. Und Hosni Mubarak ist ein kränkelnder alter Mann, der schon 2003 vor laufenden Kameras einen Schwächeanfall erlitt und ohnmächtig wurde.

Ja, hoffen wir das Beste. Die Hoffnung auf Frieden bleibt. Und diese Gespräche - wie auch immer man sie bewerten mag - haben zumindest den Anschein, als seien sie ein Schritt in die richtige Richtung.

Ach ja, eine zentrale Figur haben wir vergessen: Mahmud Achmadinedschad, den Hampelmann aus Teheran. Gerade zum Auftakt der Friedensgespräche fand im Iran der alljährliche Al-Quds-Tag (Jerusalemtag) statt. Hier wünschte man den Juden den Tod, zeigte Solidarität mit seinen muslimischen Brüdern und Schwestern in Gaza und betonte die arabische Identität Jerusalems.
Achmadinedschad hat das Machtvakuum im Nahen Osten - zusammen mit der Türkei - genutzt. Ägyptens Herrscher ist schon über achtzig, der jordanische König lässt sich von Tscherkessen beschützen, und der syrische Präsident Baschar al-Assad steht im Schatten seines (verstorbenen) Vaters Hafiz. Die großen Machtzentren des Nahen Ostens husten und haben Halsschmerzen. Das kommt dem Iran entgegen. Die Iraner sind zwar Perser und sehen sich normalerweise in der Nahrungskette über den Arabern. Aber in diesem Fall betont Achmadinedschad gerne seine Verantwortung und fordert seine Position als Führer der islamischen Welt ein.
Der Iran ist ein Faktor, der in diesem Konflikt bzw. in den neuen Friedensbemühungen nicht zu unterschätzen ist.

Zu guter Letzt bin ich noch auf einen Artikel aus der Seite Israelnetz gestoßen. Ein Abschnitt lautet:

"Haben wir in Europa die Frage von Grenzen und Land nicht unter den Tisch gefegt, um zuerst einmal eine lebenswerte Existenz für alle aufzubauen. Ist das wirklich so schlecht, dass um Deutschland herum so manche Grenzfrage ungelöst blieb? Sollten wir Deutschen den Palästinensern nicht sagen können, dass auch der Aufbau eines demilitarisierten Staates eine vielversprechende Zukunftsperspektive hat? Und warum kann Herr Westerwelle nur den Serben die Anerkennung des Kosovo nahelegen? Warum nicht auch seinen arabischen und moslemischen Freunden die längst überfällige, grundsätzliche und bedingungslose Anerkennung eines Rechts auf Existenz für den jüdischen Staat Israel?" [1]

1 Kommentar:

  1. Danke, du hast mir die Arbeit erspart, selbst einen Artikel zu diesem Thema zu schreiben...

    aber du bringst es mit deinem spitzen Humor gut auf den Punkt. Weiter so!

    was geht so z.Zt. bei dir?
    Gibt es im Westen was neues??

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