Montag, 13. September 2010

Kommentar am Dienstagmorgen (00:30 Uhr)

Entwarnung. Terry Jones hat den Koran doch nicht verbrannt. Angeblich hatte er im Gegenzug den Zuspruch erhalten, dass die geplante Moschee am Ground Zero in New York doch nicht gebaut werde - was der New Yorker Imam jedoch bestreitet. Jedenfalls: Jones war am 10. September auf dem Weg in die Millionenstadt, um den muslimischen Geistlichen höchstpersönlich zu treffen. Was dabei herauskam, ist unklar.

Der Nahostkonflikt ist währenddessen noch in vollem Gange. Das Übliche eben: Die Hamas schießt fleißig Raketen auf Israel und schimpft über die "Verräter" (die Fatah-Partei von Mahmud Abbas) im Westjordanland. Israel reagiert auf den Raketenbeschuss und bombt Schmugglertunnel aus, die neben Lebensmitteln auch Waffen aus Ägypten nach Gaza bringen. In der Nähe des Grenzzaunes zwischen Gaza und Israel wurden drei Männer erschossen, die in einer Gruppe bewaffneter Menschen unterwegs waren. Zugegeben: Einer der Männer ist ein 91jähriger Bauer. Ob der etwas mit den Terroristen zu tun hatte, ist fraglich.

Einen weiteren möglichen Dämpfer für den weiteren Verlauf der (langfristigen) Friedensbemühungen gab es vonseiten der Fatah-Regierung des Westjordanlandes: Ein Sprecher betonte, man werde einen "jüdischen Staat Israel" nie akzeptieren.
Jetzt ist natürlich die Frage: Um welche Definition des "jüdischen Staates" geht es? Wir wissen ja, dass Israel gegründet wurde, um dem heimatlosen, verfolgten und beinahe ausgerotteten jüdischen Volk ein Land zu geben, in dem es leben kann. Wir wissen aber auch, dass heute 20 Prozent der Einwohner Araber sind. Außerdem hat die Palästinensische Autonomiebehörde Angst, dass diejenigen Araber, die 1948 im Laufe des israelischen Unabhängigkeitskrieges geflohen sind, nun dauerhaft die Möglichkeit zur Rückkehr verlieren könnten.
Die Frage ist aber auch: Wie soll es weitergehen, wenn die Fatah Israel nicht anerkennt und die Hamas schon gar nicht? Klar ist nämlich: Israel muss existieren. Auch die Frage nach dem "wo" - die als letzter Mahmud Achmadinedschad gestellt hat - ist überflüssig. In seinen Gebeten denkt das jüdische Volk immer an Jerusalem - und das seit 2.000 Jahren. Die Frage nach Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen und bzw. oder des palästinensischen Volkes wird so also auch zu einem Problempunkt.
Ach ja, so ist das mit dem Nahostkonflikt. Wo einmal Hoffnung aufblitzt, ziehen schon bald neue(/alte?) Wolken vom Horizont her und drohen mit einem Gewitter. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich die Sache weiter entwickelt.

Zum Thema Thilo Sarrazin habe ich mich jetzt noch nicht zu Wort gemeldet. Da ich zwei Wochen durch Rumänien gezogen bin habe ich den ersten Akt dieses Theaters verpasst. Aber dafür gibt es ja Zeitungen. So habe ich auch Gelegenheit gefunden, einige nette Leserbriefe zu lesen. Und da ist er wieder: Der unterdrückte Geist des kleinen deutschen Mannes, der sich freut, dass jetzt "endlich mal jemand die Wahrheit sagt". Typisch. Ein Großer sagt etwas "politisch unkorrektes" und könnte damit gleich eine Partei gründen, weil ihm die Hälfte der Deutschen blind hinterherlaufen würde. In solchen Fällen fallen mir immer die Sardellen aus der Zeichentrickserie "Spongebob Schwammkopf" ein - die kommen immer in Massen vor, blinzeln ab und zu mit den Augen und haben nichts im Kopf.

Klar, wir haben ein Problem mit fehlgesteuerter Immigration und Integration. Wir haben sogenannte Parallelgesellschaften, die sich aber statt nur parallel oftmals auch in die entgegengesetzte Richtung entwickeln. Wir haben mittlerweile ein Problem mit wachsendem Islamismus. Tatsache ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung verunsichert ist. Ein anderer Teil der Bevölkerung jedoch - etwa 18,7 Prozent - fragt sich, ob er sich demnächst vor Pogromen fürchten muss, nämlich all jene Einwohner mit Migrationshintergrund.
Es ist einfach unhaltbar zu behaupten, dass Türken unsere Gesellschaft dümmer machen. Sarrazin spricht von "Kopftuchmädchen". Dabei wirft er auch noch mit Zahlen um sich, die den kleinen Mann zwar beeindrucken, aber weniger dramatisch erscheinen, wenn man sie von zwei Seiten betrachtet anstatt nur von einer.
Natürlich, wer andere von mir verfasste Kommentare liest weiß, dass ich eine relativ islamkritische Position vertrete. Allerdings: Dass sich auf einen Schlag ca. 19 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger vorstellen könnten, eine eventuelle Partei des SPD-Bundesbankers zu wählen, nur weil er sich traut, die "Wahrheit" zu sagen - das ist erschreckend. Unsere Geschichte hat uns gelehrt, wie leichtfertig der deutsche Wähler seine Stimme vergibt, wenn man ihn mit den richtigen (bzw. "rechten") Thesen beeinflusst...

Aber zugegeben: Kam es der Regierung nicht gerade recht, dass Sarrazin für Wirbel sorgte? Zum Beispiel erfuhr ich erst am Donnerstagabend (9. September) von einem "Geheimvertrag" über die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke. Und zu diesem Zeitpunkt war die Sache schon unter Dach und Fach. Die Bundesregierung will die deutschen Atommeiler im Schnitt zwölf Jahre länger am Stromnetz lassen als bisher vorgesehen - die älteren Anlagen acht Jahre lang, die jüngeren 14 Jahre. Die Koalition hat darüber bereits eine Vereinbarung mit den großen Energiekonzernen geschlossen. [1]
Darüber hat die Öffentlichkeit kaum etwas gehört. Und das nur, weil Sarrazin - und vor allem die von den Medien hochgespielten Reaktionen seiner Befürworter und Gegner - für Lärm sorgte. Wie leicht lassen sich Menschen durchschauen, berechnen und steuern - die Frage ist nur: Von wem?

2 Kommentare:

  1. Du bist ein Fuchs..... aber nicht weil du so schlau bist, sondern weil du so stinkst ;)

    nein witz, auch wenn ich nicht allem zustimmen kann, finde ich gut, dass du deinen Senf publizierst. Weiter so!

    mfg

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  2. Haha... :D Du könntest mir allerdings mal eine Email schreiben und mir sagen, WAS genau Dir hier so stinkt...

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