Eine neue U-Boot-Lieferung aus Deutschland ist in Israel eingetroffen. Es ist natürlich kein Wunder, dass der Spiegel unmittelbar danach von einer atomaren Bewaffnung spricht. Die Atomraketen seien schon angebracht worden. - Ob an diesen Medienberichten etwas dran ist, kann zurzeit keiner mit Sicherheit bestätigen.
In diesem Beitrag möchte ich aber weniger auf Israel eingehen und eine große Sache auf ein kleines Land projizieren. Denn es geht auch im 21. Jahrhundert nur um das eine: Macht. Und um diese Macht zu bekommen, braucht man Waffen. Waffen anzuschaffen kostet, Waffen zu verkaufen bringt Geld. Das war nie anders. Und so schnell wird es sich wohl auch nicht ändern.
Schade ist nur, dass in den Medien geradezu auf Waffenlieferungen nach Israel gewartet wird. Denn mit der Diskussion um Israel hat man ein sicheres Territorium erreicht. Die deutsche Regierung beruft sich auf ihre Staatsräson, der Rest der Bevölkerung beruft sich auf Günther Grass. Beide Positionen sind äußerst schwammig und lassen einer etwaigen Diskussionsrunde keinen Weg, sich Gehör zu verschaffen. Man fetzt sich ein bisschen, kommt zu keinem Schluss, und schließlich bleibt alles beim alten.
Und doch hat man es geschafft, in diesem ganzen kontroversen Aneinander-vorbei-Reden über eine Tatsache hinwegzutäuschen:
Nicht Israel oder der Iran sind das Problem.
Das wahre Problem ist noch eine Ebene höher als die Außenpolitik eines oder mehrerer Länder. Es geht um das Prinzip "Rüstung", in dem wir im 21. Jahrhundert immer noch leben. Nach all den Jahrzehnten des Aufarbeitens von Völkermorden und Kriegen, dem Durchleben von Wirtschaftskrisen und dem immer wiederkehrenden Neuanfang hat es die Welt - und vor allem die westliche Welt - noch immer nicht geschafft, mehr auf das Reden zu setzen als auf das Rüsten. Und bei genauerem Hinsehen wird überdies deutlich, dass sich seit dem Kalten Krieg wenig geändert hat in den Köpfen der Regierenden, egal welcher Partei oder Nation.
Es ist das alte Lied geblieben. Seit dem 11. September 2001 wurden wir zudem noch um ein weiteres Problem bereichert: den internationalen Terrorismus. Eigentlich dachte man, dass Al-Qaida nun "den Russen" als Feindbild abgelöst hätte. Aber so einfach ist das ja alles nicht.
Erst im Mai 2012 hat Russland gegen den NATO-Rakenetschutzschild protestiert und notfalls mit einem "Erstschlag" gedroht. Der steinerne Putin liebt Väterchen Russland über alles und deswegen lässt er nicht zu, dass irgendwer in seine Richtung rüstet.
Okay, die Russen eben, könnte man sagen. Aber das wäre pure Heuchelei. Anfeindungen und Machtdemonstrationen sind selten einseitig. Der Westen hat sich schon 2008 von seiner noblen Seite gezeigt, als man in den öffentlich-rechtlichen Medien einen Angriffskrieg Russlands gegen Georgien propagierte. Die Sache war klar: Der alte Rivale Russland will seine ehemaligen Sowjetrepubliken wiederhaben. - Mittlerweile kann als erwiesen festgehalten werden, dass Georgien den Konflikt begann und zuerst mit seinen Truppen in Südossetien einmarschierte. Im westlichen Fernsehen behauptete man Gegenteiliges. Man ging sogar so weit, ein Interview mit dem russischen Präsidenten Putin so zurechtzuschneiden, dass er dort quasi den Angriff Russlands zugab. Wie kann so etwas in Deutschland möglich sein, noch dazu zu Beginn des 21. Jahrhunderts?
Für was brauchen wir einen Raketenschutzschild gegen Russland? Und selbst wenn er nicht gegen Russland gerichtet wäre, gegen wen dann? Den Iran?
Anstatt aufzurüsten könnte man an einer diplomatischen Präventivlösung gegen etwaige Angriffsbestrebungen arbeiten. Aber das würde uns bei weitem nicht den Umsatz bescheren, den wir mit der Waffenproduktion erreichen können...
Wer hinter die Kulissen blickt entdeckt, dass wir noch lange nicht die Form der Gesellschaft, des politischen Systems oder der Demokratie erreicht haben, die wir für erstrebenswert erachten. Noch immer sind wir einer der größten Waffenlieferanten der Welt. Im Klartext. Es tut unserem Staatshaushalt und unseren Arbeitslosenzahlen gut, wenn irgendwo in Afrika Menschen massakriert werden.
Ein anderes Beispiel wäre Griechenland. Dort gibt es überdurchschnittlich viele Panzer. Der einzige ernstzunehmende Gegner der Hellenen wäre die Türkei. Setzt man hier also weniger auf Verhandlungen, Vertrauen und Sicherheit durch Partnerschaft als auf Aufrüstung? Und außerdem: Wieso spart Griechenland nicht bei der Rüstung, wo sie doch in so einer tiefen Schuldenkrise stecken?
Ach ja: Woher kommen die meisten Panzer der Griechen? Aus Deutschland.
Und wer dominiert zur Zeit die gesamte EU-Sparpolitik? Deutschland.
Ja ja, wir Deutschen... wir sind schon ziemliche Schlawiner.
Uns gaukelt man von oben noch immer vor, die EU stehe für europäische Einheit. Die Realität zeigt uns aber, dass die EU nur so lange Bestand haben wird, wie die wirtschaftliche Zusammenarbeit für die führenden Länder ihre Früchte trägt. Einheit hätte auch mit Vertrauen und Nachhaltigkeit zu tun. Stattdessen rüstet man in jede Richtung, stellt sich selbst als Wertegemeinschaft dar und schottet sich gegen illegale Einwanderer ab, die nur hierher kommen wollen, weil ein europäisches Huhn auf dem Markt in Kamerun billiger ist als ein kamerunisches.
Die EU funktioniert so gut, dass nun nach Dänemark auch Polen seine Grenzen wieder kontrollieren will.
Was treibt eigentlich dieser Orbán zur Zeit? Hat man die Pressefreiheit mittlerweile wieder hergestellt? Hmm, muss ich bei Gelegenheit mal googeln.
Und wieso wird es immer so dargestellt, als würden wir Deutschen unsere U-Boote (um wieder auf die Ausgangsfragestellung zurückzukommen) kostenlos nach Israel verschiffen? Die bezahlen dafür schließlich einen Haufen Geld und kurbeln unsere Wirtschaft an. Und das war noch nie anders. Diese ganze "Wiedergutmachung" hat uns im letzten halben Jahrhundert mehr Möglichkeiten geboten, uns wirtschaftlich zu entfalten, als es irgend etwas wieder gut gemacht hätte.
Und um das geht es ja auch nicht. Es geht um Macht. Und zwar für alle Beteiligten. Auch der Iran hat seine Technologien von irgendwoher. Ob jetzt die USA oder Russland, das spielt keine Rolle. Auch die Kämpfer von Al-Qaida wurden (damals noch als afghanische Mujahedeen) für den Kampf gegen die Sowjets von den USA ausgerüstet.
Es geht nicht mehr darum, wer wen bekämpft. Es geht darum, dass überhaupt wer kämpft.
Das schlimmste ist, dass hinter dieser ganzen Sache nicht einmal irgendwer steckt. Das alles sind nur Abläufe und Automatismen. Es gibt keine Verschwörungen oder führende Köpfe, die am Krieg verdienen. Denn verdienen tun wir im Endeffekt alle...
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