Montag, 5. Mai 2014

Ausflug nach Torgau

Den ersten Teil meiner quasi mehrmonatigen Expedition durch Sachsen bildete vor ein paar Wochen ein Ausflug in das Städtchen Torgau, etwa 50 Kilometer nordöstlich von Leipzig. Der Bahnhof empfängt mich wie jeder andere mehr oder weniger ländliche Bahnhof auch: trostlos und in bahnhöflicher Nostalgie. Und genau das gefällt mir immer wieder.


Ein kurzer Regenschauer treibt die Leute unter das Vordach der winzigen Wartehalle, wo man sich ein Schnitzel im Brötchen bestellen kann, frisch aus der Tiefkühltruhe und ab in die Pfanne.


Über eine Allee geht es in Richtung Stadt. An diesem Ostermontag ist nicht viel los. Gleich am Ortseingang liegt der sowjetische Soldatenfriedhof aus dem Zweiten Weltkrieg.


Kaum jemand ist unterwegs. Die Kopfsteinpflasterstraßen sind mehr oder weniger leer. Ein älterer Herr mit Sakko schlendert durch die Gegend und fühlt sich von mir beobachtet.


Ich gehe in die Touristeninformation und hole mir ein bisschen Literatur. Torgau und Luther. Torgau und die sächsischen Burgen. Torgau und das DDR-Jugendumerziehungslager. Hier kann man auf den Spuren der Geschichte wandeln. Es gibt immer irgendwo ein Haus, in dem Luther mit Melanchthon über seine Thesen diskutiert hat.


Meine Kamera macht sich daran, noch ein wenig Architektur einzufangen. Schloss Hartenfels, in dessen Burggraben sich zur richtigen Zeit Braunbären zeigen.


Die spätgotische Marienkirche, in der Luthers Ehefrau und Witwe Katharina von Bora begraben liegt.


Das slawische Wort torgov, von dem sich der Name der Stadt ableitet, bedeutet so viel wie „Marktort“. Torgau hat eine bewegte Geschichte, geprägt von neuzeitlichen Kriegen, Reformation und Hexenverbrennungen. Die meisten, denen die Stadt ein Begriff ist, kennen sie jedoch aus den hinteren Kapiteln der Geschichtsbücher: An der Elbe bei Torgau trafen 1945 die Sowjets und die Amerikaner zusammen, auf ihrem Weg durch Deutschland.


Der Elbe Day erinnert an den 25. April 1945, an dem sich Soldaten zweier gegensätzlicher und doch verbündeter Staaten gegenüberstanden. Der genaue Ort des Zusammentreffens befindet sich eigentlich 30 Kilometer flussaufwärts, bei Strehla. Das Denkmal hat man jedoch hier gesetzt.


Der Text zeugt davon, dass sich Torgau nach dem Zweiten Weltkrieg auf der anderen Seite der innerdeutschen und innereuropäischen Grenze wiederfand:
Ruhm und Ehre der siegreichen Roten Armee und den heldenmütigen Truppen unserer Verbündeten die den Sieg über das faschistische Deutschland erkämpft haben.“ Und darunter auch auf Englisch: „Glory to the victorious Red Army…

Der Fluss selbst, die Elbe, bietet allerdings kein sonderlich majestätisches Bild. Das etwas verschlafene Städtchen Torgau war seinen Besuch jedoch wert.

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