Donnerstag, 7. Juni 2012

Mitternachtssnack für einen Akademiker

"An einem späten Mittwochabend machte ich mich auf, um auf einem nächtlichen Spaziergang über das Leben und die Zusammenhänge des Universums zu philosophieren. Als Ziel setzte ich mir jene wunderbare Institution der Fast-Food-Kultur, die auch zu später Stunde noch Burger feilbietet. Es ist nicht so, dass mich der Hunger quälte, doch war der Tag aus kulinarischer Sicht wenig ergiebig - was ungewöhnlich ist, denn normalerweise verlange ich jedem Tag ein gewisses Maß an qualitativer und vor allem quantitativer Kulinarik ab.
Wie dem auch sei, ein kleiner Spaziergang verbrennt Fett. Und da der nächste McDonald's nicht um die Ecke lag, musste ich die Stadt durchqueren, was ich auch fröhlichen Fußes tat. Ein Kilometer, zwei Kilometer - das Volk um mich herum wurde zusehends angeheiterter. Der Pegel stieg. Die Altstadt passierend überwand ich den geographischen Höhepunkt jenes Pegels. Bekannte Gesichter kreuzten meinen Weg. Ich überquerte den Neckar und wandte mich in Richtung Osten. Hier und da ging es vorbei an weiteren Menschenansammlungen, die den Abend vor einem Feiertag nutzen wollten, um noch einmal so richtig die Sau rauszulassen. Es könnte ja morgen schon zu Ende sein mit unserer schönen Welt.
Ich wollte heute jedoch nur einen Cheeseburger.
Beim Restaurant zur Goldenen Möwe angekommen reihte ich mich sogleich ein in die Schlange der Hungrigen. Jetzt war diese Warteschlange keineswegs eine lebendige oder bewegliche Angelegenheit, sondern eher ein statisches Konstrukt. Man merkte gleich, dass die Leute hinter der Theke keine Gelernten waren. Für einen 'Fachmann für Systemgastronomie' war er einfach zu langsam, der Gute. Ich stand und stand, die Menschen um mich herum standen ebenfalls.
Ich wollte doch nur zwei Cheeseburger.
Meine Füße wurden eins mit dem frisch gewischten Fußboden. Wahrscheinlich hat das ganze einen tieferen Sinn. Man will jedem Kunden einen Sitzplatz bieten - der hiesige McDonald's ist um jede Tages- oder Nachtzeit sehr stark frequentiert - und lässt die Neuankömmlinge deshalb so lange in der Schlange stehen, bis andere Besucher ihr Mahl geendigt haben und den Ausgang anstreben. Auf diese Weise warteten wir.
Die Uhr stand unterdessen nicht still. Sogar das Datum hatte sich schon geändert.
Dabei wollte ich doch nur endlich meine drei Cheesburger kaufen.
Irgendwie wendete sich doch noch alles zum Guten und ich konnte den Nachhauseweg antreten. Zurück durch die Innenstadt, schloss ich mich alsbald dem Strom der 'Früh-nach-Hause-Geher' an, die zufällig in die gleiche Richtung torkelten, in die auch ich musste. Der Weg zog sich. Für die weniger Sportlichen unter uns - zu denen ich auch zähle - ist ein unerwarteter nächtlicher Spaziergang von acht Kilometern durchaus in den Beinen spürbar. Und so kam es, dass schließlich auch ich schwachen Beines den gewohnten Weg nach Hause torkelte."

Manchmal schreibt das Leben schon Geschichten. Ob man diese Geschichten nun aufschreiben sollte, steht auf einem anderen Blatt. Naja, wer weiß. Vielleicht wird sowas in hundert Jahren zur großen Literatur des angehenden 21. Jahrhunderts gezählt...^^

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